Frankfurt. . Das größte deutsche Kreditinstitut nahm im vierten Quartal einen horrenden Verlust in Kauf, um einen radikalen Kulturwandel in der Bank voranzutreiben. Die beiden neuen Co-Chefs stellen Vergütungsregelungen auf den Prüfstand. Auch die Bonizahlungen sollen umgestellt werden.

Jürgen Fitschen und An­shu Jain, die seit Juni amtierenden Co-Chefs der Deutschen Bank, räumen mit der Ära ihres Vorgängers Josef Ackermann radikal auf. Dafür nehmen sie einen überraschend hohen Netto-Verlust von 2,2 Milliarden Euro im vierten Quartal und einen Einbruch des Jahresgewinns von 4,3 Milliarden auf 665 Millionen Euro in Kauf. Milliardenschwere Abschreibungen und die Kosten für Rechtsstreitigkeiten belasten die Bilanz.

Zugleich bekräftigten die beiden Banker gestern bei der Vorlage der Jahreszahlen, den, so Fitschen, „zwingend notwendigen“ Kulturwandel ohne Kompromisse durchzuziehen. „Wer sich nicht vorbehaltlos zu diesen Werten bekennen kann, der ist bei der Deutschen Bank am falschen Ort und sollte besser gehen.“ Der Wandel werde mehrere Jahre dauern.

Trotz der schlechten Zahlen zeigten sich Fitschen und Jain bei ihrer ersten Präsentation der Jahreszahlen guter Laune. Denn im eigentlichen Bankgeschäft sehen sie sich auf dem richtigen Weg. Das Ergebnis des vierten Quartals sei zwar unbefriedigend, beruhe aber auf Korrekturen, die man bewusst getroffen habe. Die Abschreibungen auf Firmenwerte liegen bei 1,9 Milliarden Euro, 1,6 Milliarden hat die Bank 2012 für Rechtsstreitigkeiten ausgegeben, Urteile mit Strafen oder Vergleiche in Höhe von weniger als 100 Millionen Euro sind dabei nicht erfasst. Die Rückstellungen für mögliche Lasten aus dem Kirch-Prozess, dem Libor-Skandal, den Betrugsvorwürfen im Emissionshandel sowie für Prozesse um Kreditpapiere belaufen sich jetzt auf 1,8 Milliarden Euro. Jain räumte zudem ein, dass es weitere Verfahren geben könnte.

Ohne die Lasten hätte es einen Gewinn von 6,5 Milliarden Euro gegeben.

Aufwendungen müssen auch für den Abbau von 2800 Arbeitsplätzen verbucht werden, davon 1000 in Deutschland. Wie viele Stellen noch wegfallen, sagten die Banker nicht. Weltweit beschäftigte die Bank zum Jahresende 98 200 Mitarbeiter (46 300 in Deutschland).

Ohne diese Lasten hätte der Vorsteuergewinn der Bank laut Jain bei 6,5 Milliarden Euro gelegen – und damit so hoch wie 2011. Als Erfolg wertete er die Stärkung des Eigenkapitals auf ein Volumen von acht Milliarden Euro. Im Privatkundengeschäft hat die Bank 2012 Marktanteile gewonnen. Jeder Standort in Europa sei profitabel. Das Vorsteuerergebnis der Sparte ging allerdings von 1,9 auf 1,5 Milliarden Euro zurück.

Auch im Investmentbanking habe man geliefert, sagte Jain. Vom Eigenhandel habe man sich verabschiedet, bei intransparenten Produkten die Risiken verringert. Jain räumte aber ein, dass die Bank weiter Geschäfte mit Hedge Fonds mache. Unterm Strich ging das Ergebnis des Investmentbankings von 3,7 auf 2,9 Milliarden Euro zurück. Auch für diese umstrittene Sparte soll der Wandel gelten. Jain verwies auf die Halbierung der Rendite von 30 Prozent in Zeiten vor der Finanzkrise auf 15 Prozent heute.

Boni werden über Jahre gestreckt

Der Wandel ist laut Fitschen schon deutlich erkennbar. Die Vergütung sei neu gestaltet. Der Bonustopf schrumpfte um 12 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro, für 150 Top-Manager werden Boni jetzt über fünf Jahre gestreckt. Es werde weiter eine Deckelung der Gehälter diskutiert. Unklar ist auch, ob die Vergütung im Vorstand 2012 im Gleichklang mit dem Gewinneinbruch von 85 Prozent steht.

Grafik: Miriam Fischer
Grafik: Miriam Fischer

Die Wiederaufnahme von Geschäften mit Agrarprodukten verteidigte Fitschen nachdrücklich, während vor dem Saal Aktivisten von Attac und anderen Gruppen dagegen protestierten. Fitschen erwiderte, es gebe keine Belege, dass Finanzprodukte die Nahrungsmittelpreise trieben.