Stuttgart. Er gilt als einer der fähigsten Automananger Deutschlands. Doch den Machtkampf mit VW hat Wendelin Wiedeking verloren. Nach 17 Jahren an der Porsche-Spitze muss er nun zurücktreten.
Er war der bestbezahlte deutsche Manager. In Fachkreisen wurde sein Jahreseinkommen auf knapp 80 Millionen Euro geschätzt. Wendelin Wiedeking, der seit 17 Jahren an der Spitze des Sportwagenherstellers Porsche stand und am Donnerstag als Verlierer des Machtkampfes mit Volkswagen zurücktrat, wird als einer der fähigsten Automanager gehandelt. Kraftfahrzeuge haben es dem Modellautosammler und Jazzfreund angetan. So lässt er es sich nicht nehmen, in seiner Freizeit mit Hilfe eines alten Porsche-Traktors auf seinem Grundstück im schwäbischen Bietigheim Kartoffeln anzubauen.
Der heute 56-jährige gebürtige Westfale aus Ahlen studierte in Aachen Maschinenbau und promovierte 1983 mit «summa cum laude». Noch im selben Jahr fing er bei Porsche als Assistent des Vorstands für Produktion und Materialwirtschaft an. Nach einem kurzen Zwischenspiel von 1988 bis 1991 bei den Glyco Metallwerken in Wiesbaden kehrte Wiedeking 1991 nach Zuffenhausen zurück und übernahm das Vorstandsressort Produktion und Materialwirtschaft.
Er brachte Porsche wieder in die schwarzen Zahlen
Porsche befand sich damals in einer fundamentalen Krise. Das Überleben und die Selbstständigkeit galten als fraglich. 1992 beriefen die Eigentümerfamilien Porsche und Piech Wiedeking zunächst zum Vorstandssprecher und ein Jahr später zum Vorstandsvorsitzenden. Wiedeking leitete die Sanierung des damals defizitären Autobauers ein, indem er die «Just-in-Time»-Produktion einführte, Hierarchieebenen abbaute und weite Teile der Fertigung an Zulieferer ausgliederte. 1994 schrieb Porsche schließlich wieder schwarze Zahlen.
In den Folgejahren stieg Porsche durch eine geschickte Modellstrategie und entsprechendes Marketing unter Wiedekings Führung zum weltweit profitabelsten Autohersteller auf. Seit Ende der 90er Jahre galt Porsche als so attraktiv, dass die Kunden lange Lieferzeiten in Kauf nahmen. Wiedeking genoss ungeachtet eines sehr fordernden und teils autoritären Führungsstils nicht zuletzt auch durch seine öffentlichen Äußerungen zu politischen Fragen eine für einen Unternehmensmanager große Popularität.
Wachsender Schuldenberg in der Krise
Für eine Überraschung sorgte Wiedeking 2005 mit dem gemeinsam mit den Eignerfamilien eingefädelten Plan zum Einstieg und schließlich 2008 zur Übernahme des größten europäischen Autokonzerns Volkswagen. Bemerkenswert war der Plan nicht nur im Hinblick auf die Größenunterschiede, sondern auch angesichts der familiären Nähe beider Unternehmen zueinander. Schließlich geht Porsche auf ein VW-Entwicklungswerk zurück, das der Erfinder des VW-Käfers, Ferdinand Porsche, einst gründete und dessen Sohn Ferdinand («Ferry») Porsche jr. fortführte. Der Enkel Ferdinand Porsches, Ferdinand Piech, sitzt noch heute als dominierende Persönlichkeit als Aufsichtsratschef bei VW in Wolfsburg und als Aufsichtsratsmitglied bei Porsche in Stuttgart.
Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise verhob sich Wiedeking allerdings mit den Übernahmeplänen und häufte einen Schuldenberg von rund neun Milliarden Euro an. Der Plan, VW über einen Gewinnabführungsvertrag die Übernahme mitfinanzieren zu lassen, scheiterte. Im Mai 2009 wurden die Übernahmepläne aufgegeben. Stattdessen wollen die beiden Unternehmen mit Hilfe des Emirats Katar einen sogenannten integrierten Autokonzern schaffen.
Über die Struktur dieses neuen Konzerns entbrannte ein erbitterter Machtkampf zwischen VW und Porsche, indem sich als Gegenspieler vor allem Wiedeking und Piech gegenüberstanden. VW selbst will zunächst knapp die Hälfte von Porsche übernehmen und den Sportwagenhersteller als zehnte Marke unter das Konzerndach nehmen. (ddp)