Essen. . Der Aufsichtsrat von Deutschlands größtem Stahlkonzern ThyssenKrupp greift durch: Drei Vorstandsmitglieder des in schwerem Fahrwasser befindlichen Unternehmens sollen gehen. Hintergrund sind Korruptionsvorwürfe und hohe Verluste im Stahlgeschäft.
Der Essener Thyssen-Krupp-Konzern versucht sich mit einem Paukenschlag aus der gegenwärtigen Krise zu katapultieren. Der Technologie- und Stahlkonzern will sich von drei Vorstandsmitgliedern trennen und damit den halben Vorstand austauschen. Wie das Unternehmen am Mittwochabend mitteilte, schlägt der Personalausschuss des Aufsichtsrates „in enger Abstimmung“ mit Vorstandschef Heinrich Hiesinger vor, die Bestellung von Olaf Berlien (50), Edwin Eichler (54) und Jürgen Claassen (54) zum Jahresende aufzuheben.
Dieser Vorgang ist einmalig unter den größten 30 deutschen Konzernen im Aktienindex Dax. Er trägt sowohl dem Debakel beim Bau der Stahlwerke in Brasilien und den USA sowie einer Reihe von Kartell- und Korruptionsfällen bei Thyssen-Krupp Rechnung. Das Unternehmen begründete die Entlassungen mit der „Gesamtverantwortung des Vorstandes für die Führung der Geschäfte“ und „der Führungskultur des Unternehmens“.
ThyssenKrupp landete Finanz-Desaster mit Stahlwerken in Übersee
Mit der Gesamtverantwortung des Vorstandes zielt der Personalausschuss des Aufsichtsrates auf die gigantische Fehlinvestition in die Stahlwerke in Übersee. Nächste Woche veröffentlicht der Essener Konzern seine Jahresbilanz. Beobachter erwarten, dass der Wert der Stahlwerke womöglich erneut um mehrere Milliarden Euro nach unten korrigiert werden muss. Einschließlich der Anlaufverluste könnte das Abenteuer den Konzern um die acht Milliarden Euro gekostet haben – so viel, wie Thyssen-Krupp derzeit an der Börse wert ist. Eine neuerliche „Effizienzprüfung der Rolle des Aufsichtsrates“ habe ergeben, dass sich „eine Reihe von Annahmen und Kennzahlen“ des damaligen Vorstandes „als deutlich zu optimistisch oder im Nachhinein als falsch“ erwiesen hätten.
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Berlien und Eichler sind die letzten Vorstände, die bereits unter Ex-Vorstandschef Ekkehard Schulz für die Stahlwerke verantwortlich zeichneten. Claassen, erst seit Januar 2011 im Vorstand, ist wegen Luxusreisen in die Schlagzeilen geraten. Auch die Aufdeckung einer „Reihe von Korruptions- und Kartellfällen“ habe den Ausschlag für die Entlassung gegeben. „In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der bisherigen Führungskultur“, heißt es in der Mitteilung von gestern Abend. Das Schienenkartell und ein jüngst aufgedeckter Korruptionsfall fielen in den Bereich von Eichler.