Düsseldorf. . Der ThyssenKrupp -Vorstand Jürgen Claassen hat den Aufsichtsrat gebeten, ihn bis auf weiteres von seinen Vorstandsaufgaben zu entbinden. Damit reagiert der 54-Jährige auf die Kritik wegen Luxusreisen für Journalisten. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen ihn eingeleitet.

Der seit Wochen wegen Luxusreisen in der Kritik stehende ThyssenKrupp -Vorstand Jürgen Claassen hat sich dem immer stärker werdenden Druck gebeugt. Der Manager habe den Aufsichtsrat gebeten, ihn bis auf weiteres von seinen Aufgaben zu entbinden, teilte der Konzern am Samstagabend in einer kurzen Mitteilung mit. Der Aufsichtsrat werde darüber in seiner Sitzung am 10. Dezember entscheiden. Von Claassen war auf Nachfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Der frühere Kommunikationschef des Mischkonzerns und langjährige Vertraute von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme soll Presseberichten zufolge Journalisten zu Luxusreisen eingeladen haben, deren geschätzter Wert zum Teil bei 15.000 Euro lag. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen ihn eingeleitet.

Der 54-Jährige begründete seine Entscheidung am Samstag mit der Sorge um das Wohl des Unternehmens. "Durch diesen Schritt möchte ich angesichts der derzeitigen öffentlichen Berichterstattung Schaden vom Unternehmen fernhalten, dem ich mich seit über 28 Jahren tief verbunden fühle", ließ er über den Konzern mitteilen. Offiziell bleibt er zumindest bis zur Sitzung des Aufsichtsrats am Montag in einer Woche im Amt. Claassen war erst Anfang vergangenen Jahres in den Vorstand aufgerückt und dabei für den Bereich Compliance verantwortlich, bei dem es auch um die Prinzipien einer guten Unternehmensführung geht.

Vorstandsmitglied seit Wochen wegen Reisen unter Druck

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ThyssenKrupp hatte nach den ersten Vorwürfen im November noch die Bedeutung von Pressereisen betont. "Pressereisen sind bei ThyssenKrupp - wie bei vielen anderen großen Unternehmen auch - ein wichtiges Element der Medienarbeit", hieß es vor rund drei Wochen. Pressereisen würden "intern und extern transparent im Einklang sowohl mit unseren internen Regularien als auch mit den einschlägigen Rechtsvorschriften" durchgeführt. Inzwischen hat der Konzern selbst eine interne Untersuchung der Vorwürfe im Zusammenhang mit den Reisen des Vorstands angestoßen.

Der Fall Claassen kommt für den größten deutschen Stahlkonzern zur Unzeit, so dass Cromme und Vorstandschef Heinrich Hiesinger rasch Klarheit in der Frage anstreben dürften. Der Konzern kämpft noch mit den Folgen seiner jahrelangen Teilnahme an verbotenen Preisabsprachen von Schienenherstellern. Hier drohen hohe Schadenersatzforderungen der Deutschen Bahn und kommunaler Verkehrsbetriebe. Mitarbeiter der Tochter GfT Bautechnik sollen zudem in Osteuropa unsauber gearbeitet haben. Wegen des Verdachts auf Untreue hat ThyssenKrupp deshalb die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Auf seiner Sitzung am 10. Dezember soll sich der Aufsichtsrat auch mit dem Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2011/12 (per Ende September) befassen. Dieser wird einen Tag später auf einer Pressekonferenz in Essen präsentiert, bei der Claassen in der Vergangenheit stets dabei war. Für das Geschäftsjahr werden in dem amerikanischen Stahlgeschäft hohe Verluste erwartet. Hiesinger sucht für die Sparte mit den neuen Werken in Brasilien und den USA händeringend nach Käufern, um die hohen Schulden des Konzerns zu drücken. (rtr)