Berlin. Die Opferhilfe kritisiert die Ikea-Studie über den möglichen Einsatz von Zwangsarbeitern bei der Produktion in der DDR bereits vor der Vorstellung. Sie sei nicht von unabhängigen Experten, sondern “womöglich gegen Bezahlung“ erstellt worden.

Die Studie über den möglichen Einsatz von Zwangsarbeitern bei der Produktion von Ikea-Möbeln in der DDR hat bereits vor der Vorstellung ihrer Ergebnisse für heftige Kritik gesorgt.

Eine "unwissenschaftliche Show-Veranstaltung"

Der Verein DDR-Opfer-Hilfe warf dem schwedischen Möbelkonzern am Freitag vor, eine "unwissenschaftliche Show-Veranstaltung" zu inszenieren. Die Untersuchung lasse die wissenschaftlichen Mindeststandards vermissen, erklärte der Verein. Sie sei nicht von unabhängigen Experten, sondern von der Unternehmensberatung Ernst & Young erstellt worden, "womöglich sogar gegen Bezahlung".

"Ikea als Beschuldigter führt selbst die Ermittlungen, anstatt das unvoreingenommenen Stellen zu überlassen. Deshalb bezweifeln wir sehr, dass die Studienergebnisse valide sind", teilte der Vize-Vorsitzende des Vereins, Roland Schulz, mit. Das Thema sollte vielmehr vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin gemeinsam mit Historikern und Politikwissenschaftlern untersucht werden.

Opferverband fordert Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter

Die DDR-Opfer-Hilfe forderte die Politik in Bund und Ländern auf, "vor dem Thema Zwangsarbeit in der DDR nicht länger die Augen zu verschließen". Viele politische Häftlinge hätten damals Produkte fertigen müssen, die dann auch im Westen verkauft worden seien. Diese Zwangsarbeit sei bis heute nicht entschädigt worden. Der Opferverband forderte deshalb einen Entschädigungsfonds.

Ikea stellt die Studie von Ernst & Young am Freitag im Bildungszentrum des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Berlin vor. Einem Zeitungsbericht zufolge kommt diese zu dem Ergebnis, dass in der DDR politische Gefangene bei der Fertigung von Ikea-Produkten eingesetzt wurden. Es sei aber nicht in allen Fällen klar, ob das Unternehmen darüber unterrichtet war. Im Frühjahr hatten mehrere Medien berichtet, der Möbelbauer und andere westliche Unternehmen hätten von der Produktion durch politische Gefangene in der DDR profitiert. Ikea kündigte daraufhin eine Überprüfung der Vorwürfe an.

Aufarbeitung aller betroffener Unternehmen als Ziel

Zur Vorstellung der Studie lud die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) ein, der über 30 Vereine und Verbände politisch Verfolgter aus der sowjetischen Besatzungszone und der DDR angehören. Ihr Vorsitzender Rainer Wagner würdigte die Bereitschaft Ikeas, die Vorwürfe gegen den Konzern zu untersuchen. "Hier hat wenigstens mal einer einen Anfang gemacht", sagte er der "Berliner Zeitung" vom Freitag. Ziel müsse eine grundsätzliche Aufarbeitung unter Beteiligung aller betroffener Unternehmen sein. "Am Ende müsste eine Entschädigung stehen." (afp)