Düsseldorf. Deutschlands größter Energiekonzern zeigt sich pessimistisch. Rezession und Energiewende belasten das Geschäft. Eon-Chef Johannes Teyssen will eisern sparen. Eine entscheidende Frage, die sich Eon jetzt stelle, laute: „Was können wir uns noch leisten?“

Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen hatte eine lange Problem-Liste mitgebracht. Deutschlands größter Energiekonzern stellt sich auf schwierige Zeiten ein – daran ließ der Mann an der Spitze von Eon keinen Zweifel. Das Unternehmen kommt nicht zur Ruhe: Für die kommenden Monate plant Teyssen Kraftwerksschließungen und Unternehmensverkäufe. Das Effizienzprogramm „Eon 2.0“, das unter anderem den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen vorsieht, wolle er nun „noch schneller und entschlossener umsetzen“, kündigte Teyssen an.

Es kam für viele Anleger überraschend, dass Teyssen die Gewinnziele des Konzerns für die nächsten Jahre zurücknahm. Der Pessimismus des Konzernchefs vergraulte viele Anleger. Die Eon-Aktie stürzte zwischenzeitlich um knapp 13 Prozent ab und verzeichnete den höchsten Tagesverlust in der Firmengeschichte.

Teyssen machte vor allem die Energiewende und die Euro-Krise für die Probleme des Konzerns verantwortlich. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war in so kurzer Zeit ein so deutlicher Absatzrückgang zu beobachten“, sagte er in einer Telefonkonferenz. Der „Nachfrage-Einbruch“ sei insbesondere in Ländern wie Italien und Spanien zu spüren. Doch auch in Deutschland hat Eon Sorgen. Regelmäßig stehen Gas- und Kohlekraftwerke still, weil Ökostrom Vorrang hat. Selbst moderne Anlagen könnten unter diesen Bedingungen kaum mehr profitabel betrieben werden, kritisierte Teyssen.

Obwohl Eon über Preisdruck klagt, spüren die meisten privaten Stromverbraucher in Deutschland wenig davon. Zwar sind die Großhandelspreise wegen der schwächeren Nachfrage der Industrie massiv gefallen, doch zugleich müssen private Kunden höhere Steuern und Abgaben zahlen.

„Stagnation oder gar Schrumpfung“

Eigentlich schien es, als habe Eon die Einbußen durch den beschleunigten Atomausstieg gut verkraftet. Einmalbelastungen fielen nicht mehr an, auch günstigere Verträge mit dem russischen Gaslieferanten Gazprom sorgten für Entlastung. Tatsächlich glänzte Eon in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres mit Wachstumsraten. Der Umsatz stieg um 21 Prozent auf 93,6 Milliarden Euro. Der Konzernüberschuss erhöhte sich um 155 Prozent auf gut vier Milliarden Euro.

Ausdrücklich bestätigte Eon die Gewinnprognose für das laufende Jahr, die einen Konzernüberschuss zwischen 4,1 und 4,5 Milliarden Euro und eine Dividende von 1,10 Euro pro Aktie vorsieht. Doch es waren die unangenehmen Aussichten, die für Unruhe sorgten. Das Ziel, im kommenden Jahr einen Gewinn von 3,2 bis 3,7 Milliarden Euro und eine Dividende von 1,10 Euro pro Aktie zu erreichen, erscheine nicht mehr realistisch, räumte Eon ein. „In Europa und mittlerweile auch in Deutschland wächst die Wirtschaft deutlich verlangsamt, manche Teile Europas gehen in Richtung Stagnation oder gar Schrumpfung“, sagte Teyssen zur Begründung.

„Was können wir uns noch leisten?“

Eon stellt nun Investitionen auf den Prüfstand. Mehrere Kraftwerke will der Konzern vom Netz nehmen. Überlegungen zum Bau des umstrittenen Kohlekraftwerks „Staudinger 6“ in Hessen gibt Eon auf. Das benachbarte Gaskraftwerk „Staudinger 4“ und das Gaskraftwerk „Irsching 3“ in Bayern sollen noch als Reserve zur Sicherung der Stromversorgung im Winter gehalten und später abgeschaltet werden. Teyssen sagte, eine entscheidende Frage, die sich Eon jetzt stelle, laute: „Was können wir uns noch leisten?“