Düsseldorf. . Stromengpässe, Chaos bei der Bahn – und das alles, weil ein Kraftwerk abgeschaltet werden muss? Jetzt meldet sich der Energiekonzern Eon zu Wort. „Eon wird liefern“, verspricht Eon-Deutschland-Geschäftsführer Ingo Luge im Gespräch mit der WAZ-Gruppe. Doch auch die NRW-Landesregierung muss mitspielen.

Stromengpässe, Zugausfälle, Chaos bei der Bahn – und das alles, weil ein Kraftwerk abgeschaltet werden muss? Es war Bahn-Chef Rüdiger Grube, der Alarm geschlagen hatte. An kalten Wintertagen könnten in NRW in den Morgenstunden bis zu 30 Prozent der Züge ausfallen, warnte er.

Jetzt meldet sich der Düsseldorfer Energiekonzern Eon zu Wort. Denn es geht um drei alte Eon-Kraftwerksblöcke in Datteln. Die Anlagen produzieren drei Viertel des Stroms, den die Bahn in NRW benötigt. Doch nach jetzigem Stand müssen die Blöcke Ende des Jahres stillgelegt werden, weil es dann keine behördliche Genehmigung mehr gibt. Ersatz scheint zu fehlen: Das neue Kohlekraftwerk Datteln IV darf noch nicht ans Netz. Auch Eon muss sich nun kritische Fragen gefallen lassen. Hat der Konzern früh genug vorgesorgt? Eon weist Kritik zurück, widerspricht Bahn-Chef Grube – und setzt auf die NRW-Landesregierung. „Eon wird liefern“, sagt Eon-Deutschland-Geschäftsführer Ingo Luge im Gespräch mit der WAZ-Gruppe.

Drei Viertel des Stroms, den die Deutsche Bahn in Nordrhein-Westfalen benötigt, produzieren die Blöcke I bis III des Eon-Kohlekraftwerks in Datteln. Nach jetzigem Stand müssen die Anlagen Ende des Jahres stillgelegt werden, weil es dann keine behördliche Genehmigung mehr gibt. Doch das neue Steinkohlekraftwerk Datteln IV darf noch nicht ans Netz. Nun hat Bahn-Chef Grube Alarm geschlagen. Er hat die Sorge, dass es im Winter zu Stromengpässen kommen könnte. Teilen Sie die Befürchtungen?

Ingo Luge: Nein. Wir rechnen bis Ende des Jahres mit einer behördlichen Genehmigung, mit der wir das Kraftwerk Datteln vorübergehend weiter betreiben können. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir uns auf eine entsprechende Zusage der NRW-Landesregierung verlassen können. Daher teilen wir auch nicht die Befürchtung, dass es im Winter zu Stromengpässen bei der Deutschen Bahn kommen wird. Seien Sie gewiss: Eon wird liefern.

Hat der Bahn-Chef also Panikmache betrieben?

Luge: Nein. Richtig ist natürlich, dass wir die Ausnahmegenehmigung noch nicht in der Hand haben.

Die Probleme waren doch schon länger bekannt. Hat sich Eon zu viel Zeit gelassen, eine Lösung zu finden?

Luge: Wir haben den Behörden vor über zwei Jahren mitgeteilt, dass wir eine Übergangslösung benötigen. Und wir bauen an einem sogenannten Umrichter, um Strom aus dem allgemeinen Netz für die Bahn nutzbar zu machen. Bahnstrom hat eine andere Frequenz als Haushalts- und Industriestrom. Bis Februar 2014 soll der Umrichter fertig gestellt sein.

War es ein Fehler, dass Eon die Zusage für eine Stilllegung der Kraftwerksblöcke I bis III in Datteln gegeben hat?

Luge: Unsere Erklärung, Datteln I bis III stillzulegen, haben wir auf Wunsch der Stadt Datteln und in der festen Erwartung formuliert, dass Datteln IV rechtzeitig ans Netz gehen kann. Das ist aber leider nicht der Fall.

Nun sind Sie zwingend auf grünes Licht der Landesregierung angewiesen, damit es nicht zu millionenschweren Schadenersatzforderungen der Bahn kommt. Das ist nicht gerade eine komfortable Situation, oder?

Luge: Wenn das Kraftwerk produzieren kann, gibt es keine Grundlage für Regressforderungen. Im Übrigen sehen wir auch nach intensiver Prüfung keine technische Alternative zum vorübergehenden Weiterbetrieb von Datteln I bis III.

In Lünen zum Bespiel produziert der Essener Kraftwerksbetreiber Steag Bahnstrom. Auch von Seiten der Landesregierung wurde die Steag als Alternative zu Eon ins Gespräch gebracht. Sollen hier die Stadtwerke und Kommunen als Steag-Anteilseigner unterstützt werden?

Luge: Das ist Spekulation. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass kein anderer Anbieter schneller als wir eine Lösung anbieten kann, auch nicht die Steag. Das Kraftwerk Lünen nachzurüsten würde klar länger dauern als unsere jetzt im Bau befindliche Zwischenlösung.

Die Zeit drängt. Am 15. November befasst sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit dem Fall. Droht Eon Unheil?

Luge: Wir sind davon überzeugt, dass wir gute Argumente haben. Ein wichtiger Punkt: Alle Umweltstandards, die ein solches Kraftwerk erfüllen müsste, sind bei Datteln I bis III erfüllt. Aber wir arbeiten eben auch mit Hochdruck an einem Plan B für den Fall, dass es zu einem negativen Ergebnis kommt. Die Gespräche darüber mit der Landesregierung und den zuständigen Behörden sind auf gutem Weg.

Sie hoffen auf eine Duldung für Datteln I bis III bis Februar 2014, dann soll der sogenannte Umrichter in Betrieb gehen, was erneut eine Übergangslösung wäre. Das deutet nicht darauf hin, dass der Kraftwerksneubau Datteln IV schnell ans Netz gehen wird. Mit welchem Zeitplan rechnen Sie?

Luge: Wir können jetzt schon absehen, dass Datteln IV im Februar 2014 noch nicht in Betrieb sein wird. Umso wichtiger ist es, nun die richtigen Schlüsse zu ziehen.