Brüssel. Es ist das größte Verfahren wegen schädlicher Subventionen, das die EU je eingeleitet hat. Der Vorwurf: China stecke Milliarden in die eigene Solarbranche und dränge mit Billigpreisen auf den europäischen Markt. Mehrere deutsche und europäische Solarhersteller habe das bereits die Existenz gekostet.
Im erbitterten Solarstreit mit China legt die EU-Kommission nach: Sie leitete am Donnerstag Ermittlungen gegen die für europäische Exporteure mutmaßlich schädliche Subventionspolitik Pekings ein. Schon im September starteten die Wettbewerbshüter ein erstes Verfahren wegen des Vorwurfs, die chinesische Branche schade der darbenden europäischen Industrie durch Schleuderpreise unter Marktwert. Mit ihren Schritten folgt die Kommission Beschwerden des Branchenverbandes Pro Sun. Der klagt, dass milliardenschwere Beihilfen für Solarzellen und Solarpanele die Dumpingpreise ermöglichen.
Nach vorläufiger Prüfung gebe es "ausreichend Hinweis" für die Eröffnung der Ermittlungen gegen Subventionen, teilte die Kommission am Donnerstag mit. Es handelt es sich um das bislang größte Antisubventionsverfahren der EU. Im vergangenen Jahr hatte China Solar-Elemente im Wert von 21 Milliarden Euro in die EU importiert. 13 Monate lang werden die EU-Wettbewerbshüter nun ermitteln. Allerdings könnten als Gegenmaßnahme schon binnen neun Monaten Strafzölle auf chinesische Produkte erhoben werden, heißt es bei der Kommission. Mit dieser Maßnahme wehren sich bereits die USA gegen Billigimporte aus dem Reich der Mitte - Washington hat Zölle von bis zu 250 Prozent eingeführt.
Preiskampf mit China trieb mehrere deutsche Firmen in die Pleite
Chinas Regierung hat schon zum Gegenschlag gegen Europa ausgeholt. Das Handelsministerium in Peking kündigte Anfang November eigene Untersuchungen zu Dumping-Vorwürfen gegen europäische Zulieferer für die Solarbranche an. Geprüft werde, ob Firmen aus der EU das wichtige Vorprodukt Polysilizium auf ausländischen Märkten zu ungerechtfertigt niedrigen Preisen verkauften und unfaire Fördermittel erhielten.
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Zahlreiche europäische Solarfirmen sind wegen des ruinösen Preiskampfs schon in die Pleite gerutscht. In Deutschland haben unter anderem Solar Millennium, Solon und Q-Cells Insolvenz angemeldet. Das Vorgehen der EU gegen China ist allerdings auch in der deutschen Solarindustrie umstritten. Vor allem Firmen, die selbst aus China importieren oder chinesische Investoren haben, wenden sich gegen Handelsbarrieren und plädieren für einen freien Wettbewerb. Nach Einschätzung von Experten könnten Strafzölle gegen China auf deutsche Maschinen- und Anlagenbauer zurückschlagen, die ihren Hauptabsatzmarkt in China haben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich auf ihrem Peking-Besuch im August für eine Verhandlungslösung starkgemacht.
Ähnliche Vorwürfe gegen China gibt es aus der Stahl- und Autoindustrie
Die Solarindustrie ist nur eine von mehreren Branchen, in denen China mit seinen großen Handelspartnern streitet. Obwohl China, die USA und die EU nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 auf Handelsschranken verzichten wollten, gibt es Streit unter anderem um Stahlprodukte, Autoteile und Seltene Erden, die in der Hightech-Industrie gebraucht werden. (dapd)