Essen. . Berthold Beitz gilt als einer der bedeutendsten Manager der Nachkriegszeit. Unter seiner Führung wurde aus der Nazi-Waffenschmiede der Stahlkonzern. Als Großaktionär von Thyssen-Krupp kämpft er immer um die Zukunft des Konzerns.
Von Ruhestand kann bei Berthold Beitz keine Rede sein. Ausgerechnet zum 99. Geburtstag des ThyssenKrupp-Patriarchen am Mittwoch ballen sich über Deutschlands größtem Stahlkonzern dunkle Wolken. Und der Vorsitzende der mächtigen Krupp-Stiftung - des heute noch größten ThyssenKrupp-Aktionärs - muss noch einmal um die Zukunft „seines“ Konzerns kämpfen.
Mit Rückendeckung des Großaktionärs hat der neue ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger dem Essener Traditionsunternehmen eine Radikalkur verordnet. Dazu gehört die Trennung vom traditionsreichen Edelstahlgeschäft - 100 Jahre nachdem der Konzern den rostfreien Stahl erfand, aber auch der Verkauf der nagelneuen Stahlwerke in Brasilien und den USA sowie die stärkere Ausrichtung des Konzerns auf seine Technologiesparte.
Ein Leben wie im Hollywoodfilm
Doch Krisen ist Beitz gewohnt. Tatsächlich könnte das Leben des 1913 im vorpommerschen Zemmin geborenen Unternehmers die Vorlage für einen Hollywood-Film sein - so vollgestopft war es mit persönlichen Herausforderungen, mit überraschenden Wendungen, mit Krisen und triumphalen Erfolgen.
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Wegen seiner Rolle beim Wiederaufbau des Krupp-Konzerns gilt Beitz als einer der bedeutendsten Manager der Nachkriegszeit. Doch glänzte er mit weit mehr als nur mit geschäftlichem Erfolg. Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) lobte Beitz als „Diplomat ohne Auftrag“, der Deutschland bei der Verständigung mit Polen und Russland als Vorreiter gedient habe. Und die jüdische Gedenkstätte Jad Vaschem ehrte ihn als „Gerechten der Völker“, weil er ihm Zweiten Weltkrieg in Polen unter Einsatz seines Lebens Hunderte Juden vor dem Tod rettete.
Von der Waffenschmiede der Nazis zum Stahl-Konzern
Mut gehört wohl zum Charakter von Beitz. Dies zeigte sich auch, als der branchenfremde Manager 1953 das Angebot von Alfried Krupp akzeptierte und als dessen Generalbevollmächtigter die Sanierung des nach Kriegszerstörung und Demontage am Boden liegenden Krupp-Konzerns in Angriff nahm. Unter seiner Führung stieg das als Waffenschmiede Nazi-Deutschlands geächtete Unternehmen wie ein Phönix aus der Asche.
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Dabei ging Beitz immer wieder eigene Wege. So pflegte er auch mitten im Kalten Krieg Kontakte zu Polen, der UdSSR, Bulgarien und Ungarn. Damit öffnete er nicht nur Krupp, sondern der ganzen deutschen Industrie den Zugang zu bislang verschlossenen Märkten.
Testamentsvollstrecker der Krupps
Erst als Generalbevollmächtigter von Alfried Krupp, später als dessen Testamentsvollstrecker und als Vorsitzender der zum Konzerneigentümer aufgestiegenen Krupp-Stiftung überraschte Beitz immer wieder durch seinen Erfindungsreichtum. Etwa 1976, als er eine Finanzkrise abwandte, indem er für eine Milliardensumme 25,01 Prozent des Traditionskonzerns an den Iran verkaufte.
Später begleitete er als Krupp-Patriarch aus dem Hintergrund auch die Neuordnung der deutschen Stahlindustrie: die Übernahme von Hoesch durch Krupp und die Fusion der danach noch verbliebenen beiden Stahlriesen zum neuen Konzern ThyssenKrupp. Doch Hoffnungen, den Stahlriesen damit endgültig aus der Krise zu führen, erfüllten sich nicht. Beitz muss weiter kämpfen. (dapd)