Bönen. . Nach dem Tod von 289 Menschen beim Brand einer Textilfabrik in Pakistan gerät auch der westfälische Textildiscounter Kik in den Blick. Das Unternehmen hat in der Fabrik Jeans produzieren lassen. Kik erklärte sein Bedauern und kündigte die Einrichtung eines Hilfsfonds an.

289 Menschen starben am Dienstag vergangener Woche bei einem Brand in der Textilfabrik von Ali Enterprises in Karachi, Pakistan. Nach Angaben der Behörden sind einige verbrannt, die meisten aber qualvoll erstickt, weil es keinen Ausweg aus den Flammen gab. Produziert wurde hier von rund 600 Arbeitern und Arbeiterinnen unter anderem für den deutschen Markt. Der Bönener Textildiscounter Kik bestätigte am Dienstag gegenüber der WR, dass er in der Fabrik in Karachi Jeans der Marke „Okay“ fertigen ließ.

Im November letzten Jahres hatte Kik-Geschäftsführer Michael Arretz bei der Vorstellung der glänzenden Geschäftszahlen mit weit über 1,6 Milliarden Euro Umsatz einen Strategiewechsel im Unternehmen angekündigt: „Kik ist im Jahr der Volljährigkeit, da wird es nötig, einiges zu ändern.“ Arretz erklärte das voller Überzeugung und mit dem ersten Nachhaltigkeitsbericht in der Firmengeschichte in der Hand. In diesem Bericht steht, welche Arbeitsbedingungen in den Zulieferfirmen herrschen müssen, damit sie für Kik arbeiten dürfen – kontrolliert durch beauftragte Agenturen vor Ort und eine eigens dafür im November 2011 eingerichtete Servicestelle.

Fenster in Unglücks-Fabrik waren vergittert

In einer Stellungnahme an die WR teilte Kik sein tiefes Bedauern über das Unglück in Karachi mit. Es sei unklar, wie es dazu kommen konnte. Wörtlich heißt es: „Grundsätzlich verpflichtet Kik alle Lieferanten auf die Erfüllung und Einhaltung elementarer Arbeitsrechte und Sicherheitsstandards. Diese Verpflichtung wird in Audits von externen, unabhängigen und akkreditierten Zertifizierungsunternehmen geprüft. Das Thema Brandschutz hat dabei herausragende Bedeutung und wird in gesonderten Trainings berücksichtigt.“ Nachdem der erste Bericht über Ali Enterprises aus dem Jahr 2007 noch Hinweise auf mangelnden Brandschutz enthalten habe, seien Nachbesserungen umgesetzt worden. Der Bericht vom 30. Dezember 2011 habe die Einhaltung der Vorschriften bestätigt. Es sei noch unklar, wie es zur Katastrophe kommen konnte.

Behörden und Nichtregierungsorganisationen vor Ort sind da schon weiter. Demnach waren in der nicht durch die Behörden registrierten Fabrik die Fenster vergittert und die Treppen mit fertigen Waren zugestellt. Bei dem Gebäude handele es sich um einen Billigbau, wie er für viele Produktionsstätten in Karachi üblich sei: Die Arbeiter seien laut Feuerwehr ohne ausreichende Belüftung in viel zu kleinen Sälen zusammengepfercht gewesen, alle Ausgänge außer dem Haupteingang seien verriegelt gewesen.

Teufelskreis Billigproduktion

Mit rund elf Milliarden Dollar pro Jahr macht die Produktion von Kleidung 55 Prozent der Exporte des Landes aus. Um gegen die Konkurrenz auf dem Weltmarkt bestehen zu können, müssen die Fabriken möglichst billig produzieren. Vor allem in der Industriemetropole Karachi gibt es laut pakistanischem Verband der Handelskammern viele Fabriken wie die von Ali Enterprises – oder noch schlimmer: ehemalige Wohnungen, in denen unter katastrophalen Bedingungen produziert wird. Nachdem die in Pakistan produzierten Jeans per Schiff nach Europa transportiert wurden, sind sie hier in den Läden für 5 bis 20 Euro zu kaufen.

Nach Informationen des Netzwerks Inkota – „Kampagne für saubere Kleidung“ – sind die Eigentümer der Fabrik des Mordes angeklagt worden. Die National Trade Federation aus Pakistan fordert zudem, dass die Käufer wie Kik wegen strafbarer Fahrlässigkeit belangt werden sollten.

Das Bönener Unternehmen erklärte jetzt, es sei gerade dabei, einen Hilfsfonds für die Opfer aufzubauen, gemeinsam mit weiteren Unternehmen. Welche das sein sollen und wie hoch die Hilfe ausfallen soll, darüber wollte Kik am Dienstag noch keine Angaben machen.