Karachi. . Der Brand in einer Textilfabrik im südpakistanischen Karachi nimmt immer verheerendere Ausmaße an: Wie der Polizeichef der Metropole mitteilte, wurden am Mittwoch bereits mehr als 280 Leichen aus der Fabrik geborgen. Weitere 25 Tote gab es beim Brand in einer Schuhfabrik in Lahore.

Bei verheerenden Bränden in zwei pakistanischen Fabriken sind mindestens 314 Menschen ums Leben gekommen. Ursache der erschreckend hohen Opferzahl war auch, dass es vor Ort an Notausgängen, Alarm- und Sprinkleranlagen mangelte, hieß es am Mittwoch. Allein aus der niedergebrannten Textilfabrik in Karachi wurden nach offiziellen Angaben 289 Leichen geborgen.

Es handelt sich um eines der folgenschwersten Unglücke in einem Industriebetrieb in der 65-jährigen Geschichte des Landes. Bei dem Brand in einer Schuhfabrik in Lahore habe es weitere 25 Tote gegeben, sagte ein ranghoher Vertreter der pakistanischen Regierung, Roshan Ali Sheikh.

Die meisten Opfer des tödlichen Feuers in der Textilfabrik in Karachi seien erstickt, weil sie nicht aus dem Keller des Gebäudes fliehen konnten, sagte der Chef der Feuerwehr, Ehtisham-ud-Din. Es gebe keine Notausgänge in dem Gebäude, und die Türen im Keller seien versperrt gewesen. Einige der Opfer seien bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, sagte der Leiter des Einsatzes, Tariq Kamal Ayubi. Das pakistanische Fernsehen zeigte Videoaufnahmen von dem fünfstöckigen Gebäude, aus dem die Flammen schlugen.

Zwischen den Gittern stecken geblieben und verbrannt

Die meisten Opfer erstickten nach Angaben der Feuerwehr, weil sie aus dem Untergeschoss nicht entkommen konnten. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt, als sie am Dienstag versuchten, sich vor den Flammen in Sicherheit zu bringen. Einige zwängten sich durch die mit Metallgittern versperrten Fenster und sprangen aus dem Gebäude. Andere blieben zwischen den Gittern stecken und verbrannten.

Ein verletzter Überlebender berichtete, vom Treppenhaus sei plötzlich ein Feuerball auf die Arbeiter zugekommen. Alle seien aufgesprungen und zu den Fenstern gerannt, doch hätten Eisengitter eine Flucht unmöglich gemacht. "Einige von uns griffen schnell Werkzeug und Maschinen, um die Eisenstangen zu durchbrechen. So konnten wir aus den Fenstern auf die Erde springen", sagte Mohammad Ilyas. Er verletzte sich bei dem Sprung am Bein. Verletzt wurde auch eine schwangere Frau, die sich nur noch durch einen Sprung aus dem Gebäude retten konnte.

Ein Polizeisprecher sagte, in dem Gebäude habe es keinerlei Sicherheitsvorkehrungen gegeben. "Es gab keinen Notausgang. All die Leute saßen fest", sagte Amjad Farooqi. Die Firmenleitung sei geflüchtet, nach den Managern werde gefahndet, sagte ein Regierungssprecher.

Funken setzen Chemikalien in Brand

In Lahore kamen laut Polizeiangaben 25 Menschen ums Leben. Das Feuer brach demzufolge aus, als nach einem Stromausfall in der Fabrik versucht wurde, den Generator einzuschalten. Funken kamen mit Chemikalien in Kontakt und setzten sie in Brand. Einige der Opfer seien verbrannt, andere erstickt, sagte der Polizist Multan Khan. Die Fabrik war illegal in einem Wohnviertel betrieben worden. Auch dort gab es keine Fluchtwege. Die Garage des Gebäudes, in der auch der Brand ausbrach, sei der einzige Weg nach draußen gewesen, sagte einer der Arbeiter, der überlebte, Muhammad Shabbir.

Der pakistanische Ministerpräsident Raja Pervaiz Ashraf äußerte sich entsetzt über die Brände und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. In den dicht besiedelten Städten Pakistans gibt es zahlreiche illegal errichtete Fabriken. Nicht selten zahlen deren Besitzer Schmiergelder an die Beamten, damit diese die Verstöße gegen Sicherheitsauflagen übersehen. (dapd)