Nikosia. . Deutschland und Frankreich streiten um den Starttermin für die geplante europäische Bankenaufsicht: Während die Franzosen und auch die Spanier auf einen schnellen Start drängen, will sich Deutschland Zeit lassen. Qualität gehe vor, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Zoff zwischen Deutschland und Frankreich: Die zwei größten EU-Staaten sind uneins, wie schnell die europäische Bankenaufsicht arbeitsfähig sein soll. Bei einem Treffen der EU-Finanzminister gab es Knatsch zwischen Wolfgang Schäuble (CDU) und seinem französischen Amtskollegen Pierre Moscovici.

Die Franzosen drücken ebenso wie die krisengeplagten Spanier auf’s Tempo, um bis Anfang nächsten Jahres eine europäische Bankenaufsicht zu schaffen. Deutschland dagegen bremst. So schnell gehe das nicht, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende in Zyperns Hauptstadt Nikosia. Qualität gehe vor Schnelligkeit. Man dürfe, warnt er mit Blick auf die Finanzmärkte, keine Erwartungen schüren, die man nicht erfüllen könne.

100 Milliarden für notleidende spanische Banken

Das alles hat Schäuble mehrfach betont, seit EU-Marktkommissar Michel Barnier vor wenigen Tagen einen Gesetzesvorschlag für eine europäische Bankenaufsicht präsentierte. Barnier ging nicht eigenmächtig vor. Der Franzose handelte im Auftrag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den anderen europäischen Regierungschefs.

Diese hatten im Juni unter dem Eindruck von Spaniens Schieflage beschlossen, dass Banken künftig direkt Notkredite aus dem Euro-Rettungsfonds bekommen könnten – unter Auflagen. Voraussetzung dafür, dass nicht mehr ein Staat um Hilfe für seine Bankenbranche bitten müsse, sei aber eine europäische Bankenaufsicht, befanden Merkel & Co.

Spaniens Regierung beantragte bis zu 100 Milliarden Euro Nothilfe für seine Bankenbranche – gegen Reform-Auflagen. Ministerpräsident Mariano Rajoy hätte diesen Gang an den Nottopf gern vermieden und die Banken selbst den Bittgang antreten lassen. Spanien gilt derzeit neben Griechenland als Sorgenstaat in der Schuldenkrise. Möglicherweise muss die viertgrößte Volkswirtschaft des Euro-Währungsraums um weitere Milliardenhilfen bitten.

Minister bemühten sich später um Einigkeit

Schäuble weiß das natürlich. Der konservative deutsche Politiker blieb trotzdem hart, als er sich mit seinem sozialistischen französischen Amtskollegen Moscovici am Rande des EU-Treffens zusammensetzte. Draußen schien die Sonne, drinnen war das Zweiergespräch wohl eher kühl.

Nachdem erste Berichte über „Misstöne“ zwischen Schäuble und Moscovici kursierten, bemühten sich die Minister um Einigkeit. Bei Schäuble klingt das so: „Nach dieser Debatte (in Zypern) glaubt niemand mehr, dass die Deutschen die Bankenaufsicht auf die lange Bank schieben wollen.“

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Moscovici betont, dass er und Schäuble zwar unterschiedliche Persönlichkeiten, Wege und auch Ansichten hätten. Trotzdem: „Zwischen uns herrscht weder Uneinigkeit noch Gegnerschaft, sondern wir versuchen, unsere Ansichten anzunähern.“

Zypern will Kreditbedarf bald bekanntgeben

Das dürfte so einfach aber nicht werden. Der deutsche Finanzminister fordert „Qualität vor Schnelligkeit“, um eine europäische Bankenaufsicht aufzubauen. Der französische Minister setzt dagegen auf „Schlagkraft und Schnelligkeit“. Weiterer Zoff ist absehbar.

Unterdessen kündigte das kleine Euro-Land Zypern an, bald bekanntzugeben, wie hoch sein Bedarf an Notkrediten sein werde. Die Verhandlungen mit den Europäern und dem Internationalen Währungsfonds IWF würden „im nächsten Monat“ abgeschlossen. Zypern hatte im Juni um Finanzhilfe gebeten. Es ist das fünfte EU-Land, das Notkredite benötigt.