Essen. . Nach dem EZB-Beschluss, Anleihen von Krisenländern zu kaufen, klettert der Dax auf ein Jahreshoch. Das Echo in Süd- und Nordeuropa ist dagegen gespalten. Britischen Medien geht die Rettungsaktion nicht weit genug: Draghi habe eine „Panzerfaust“ versprochen, aber ein „Blasrohr“ geliefert, schreibt der Guardian.
Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und seine Kollegen haben mit ihrer Entscheidung zum unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen der Krisenstaaten die unterschiedlichsten Reaktionen ausgelöst. Während die Ankündigung in den potenziell betroffenen Staaten in Südeuropa mit großer Erleichterung aufgenommen wurde, herrschte in Deutschland, dem Risikoträger Nummer eins, Skepsis bis Ablehnung. Europaweit einig waren sich nur die Börsianer: auf dem Parkett wurde gefeiert – ob in Frankfurt, Rom oder Madrid.
Nachdem die Aktienkurse schon am Donnerstag vor und nach der EZB-Sitzung deutlich gestiegen waren, ging es am Freitag weiter nach oben. Der Dax kletterte erstmals seit 13 Monaten über die Marke von 7200 Punkten. Ob dieser Höhenflug von Dauer ist, muss sich zeigen. Die Krise in Euroland wabert weiter, in der anstehenden Woche schauen auch die Börsianer gespannt auf das Bundesverfassungsgericht. Am Mittwoch steht das Urteil zur Rechtmäßigkeit des Rettungsfonds ESM an. Manche Beobachter glauben, der unbegrenzte Anleihenkauf werde den Richtern nicht gefallen, weil sie die Haftung Deutschlands begrenzt wissen wollen. Das könnte neue Auflagen für die Bundesregierung nach sich ziehen. Allerdings erwarten die meisten Juristen, dass Karlsruhe den ESM im Grundsatz nicht kippt.
Negatives Echo in Deutschland
Genau darauf hoffen viele Kritiker der EZB-Entscheidung in Deutschland. „Gigantische Gefahr“, „Ein schwarzer Tag für den Euro“ – so oder ähnlich beurteilen viele deutsche Zeitungen den verschärften Krisenkampf. Auch der niederländische „Volkskrant“ warnt vor „neuen Gefahren“.
Ein anderes Bild liefert der Blick in Zeitungen aus südeuropäischen Staaten. Dort nahmen viele die EZB-Entscheidung, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen von Sorgenstaaten zu kaufen, mit Erleichterung auf. Und werteten das Vorhaben als richtige Strategie.
Auch interessant
"Sauerstoff" für die spanische Regierung
Die spanische Zeitung „El País“ lobt den EZB-Beschluss. Das sei „Sauerstoff“ für Spaniens Ministerpräsident Rajoy. Nun aber müssten er und seine Minister liefern. „Die Regierung kann für ihre eigenen Fehler nun nicht mehr andere verantwortlich machen.“
Im kriselnden Portugal sind die Kommentare ähnlich. Die Regierung müsse nun handeln, schreibt beispielsweise „Diário Económico“. EZB-Chef Mario Draghi verschaffe kleineren Sorgenstaaten lediglich Luft. Der portugiesische „Público“ urteilt: „Ein seltener glücklicher Tag in der Euro-Krise“. Nach vielen Ernüchterungen sei der EZB-Plan eine Erleichterung – für den Euro und für Portugal.
Lob aus Frankreich
Lob für die EZB kommt auch aus Frankreich: „Endlich“, urteilt die Zeitung „Libération“. Dies sei ein „Tag der Erleichterung“ und der „riesigen Hoffnung“. Die EZB spiele nun den Ball zurück zu den Politikern – schließlich helfe sie nur, wenn ein Staat sich zu Spar- und Reform-Schritten verpflichte.
Der „Figaro“ sagt gar „Danke, Herr Draghi“. EU-Staaten ohne Euro sind eher kritisch. Britischen Medien geht die Rettungsaktion noch nicht weit genug: Draghi habe eine „Panzerfaust“ versprochen, aber ein „Blasrohr“ geliefert, schreibt der Guardian.