Wickede/Ruhr. . Nach dem Skandal um gesundheitsgefährdende Brustimplantate plant die EU strengere Gesetze für Medizinprodukte. Auch Hersteller von OP-Tischen und -Leuchten oder Krankenbetten müssen sich auf neue Regeln einstellen. Mittelständische Unternehmer aus Südwestfalen fürchten dadurch Wettbewerbsnachteile auf dem Weltmarkt.
Nach dem Skandal um gesundheitsgefährdende Brustimplantate der französischen Firma PIP, plant die Europäische Union eine strengere Gesetzgebung für Medizinprodukte, die in der EU hergestellt werden. Unternehmen aus Südwestfalen fürchten nun, bei den Auflagen mit schwarzen Schafen wie PIP in einen Topf geworfen zu werden und auf dem Weltmarkt durch bürokratische Hürden ins Hintertreffen zu geraten.
Mit knapper Mehrheit hat das EU-Parlament im Sommer eine Resolution verabschiedet, die letztlich dazu führe, „dass Medizinprodukte wie Arzneimittel nur noch von staatlichen Behörden zugelassen werden“, sagt der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Das hätte aus seiner Sicht massive Auswirkungen auf die Unternehmen in der Region. Eines dieser Unternehmen ist Schmitz und Söhne in Wickede/Ruhr. Hergestellt werden im Werk in Bönen unter anderem moderne, computergesteuerte Operationstische, Behandlungsstühle und Mobiliar. Vergleichsweise ungefährliche Produkte. Ähnlich wie bei der Medizinsparte des Leuchtenherstellers Trilux aus Arnsberg oder dem Unternehmen Wissner-Bosserhoff aus Wickede, die beispielsweise Krankenhausbetten bauen.
Deutschland hat strengere Auflagen als andere Länder
Deutschland ist nach den USA und Japan drittstärkste Kraft auf dem Weltmarkt für Medizinprodukte. Über 90 Prozent der Unternehmen hierzulande sind kleine und mittelständische Firmen. 8 bis 9 Prozent investieren diese Unternehmen jährlich in Forschung und Entwicklung. „Nur so können wir am Markt bestehen, in dem wir innovative Produkte made in Germany auf den Markt bringen“, erklärt Michael Rosada, Geschäftsführer der Firma Wissner-Bosserhoff. Deutschland habe bereits strengere Auflagen und Kontrollen als die meisten anderen Länder, Produkte werden von anerkannten Instituten wie dem TÜV geprüft.
„Es gibt auch bereits die Möglichkeiten für unangekündigte Kontrollen“, sieht Jan Wolter, Leiter des Medizintechnik-Fachverbandes, keine Notwendigkeit für eine Umstellung auf staatliche Kontrolle. Die wäre dann mit einem noch größeren bürokratischen Aufwand und Zeitverlust verbunden, bis ein Produkt für den Markt zugelassen würde, fürchten die Unternehmen. Zeit, die beispielsweise die asiatische Konkurrenz für Nachbauten nutzen dürfte, fürchten die südwestfälischen Firmen.
„Ganz klar, Sicherheit geht in jedem Fall vor“, sagt Ludolf Schmitz, Inhaber von Schmitz und Söhne. Aber: Bevor eine neue EU-Verordnung den Mittelständlern unnötig Schwierigkeiten macht, „sollten die anderen Länder die in Deutschland zum Teil strengeren Regeln übernehmen“, findet Schmitz.
Verschärfungen bei der Marktzulassung brächten den Patienten nichts, außer dass Produkte teurer würden. „Wesentlich besser wäre es, wenn die Kontrollen im Markt, nicht nur beim Hersteller verstärkt werden“, erklärt Liese, der sich gegen eine staatliche Aufsichtsbehörde ausspricht und erinnert, dass beim PIP-Skandal kriminelle Energie im Spiel war, die auch eine neue EU-Richtlinie kaum wird verhindern können.
Im September beginnt die Europäische Kommission mit der Überarbeitung der bisherigen Richtlinie für einen neuen Gesetzentwurf.