Essen. . Wenn von fehlerhaften Implantaten die Rede ist, denkt man schnell an den Skandal um die giftigen Brustimplantate. Dabei melden Kliniken und Ärzte zunehmend auch Defekte bei anderen Medizinprodukten - Herzschrittmachern und Hüftprothesen zum Beispiel. Mehrere Fälle endeten bereits tödlich.

Der Skandal um geplatzte Brustimplantate war kein einmaliger Vorgang. Immer öfter melden Kliniken und Ärzte Vorfälle auch mit anderen defekten Medizinprodukten. Mehrere sind nach Auskunft der zuständigen Bonner Aufsichtsbehörde für die Patienten tödlich ausgegangen. Unter den aufgefallenen Produkten sind Herzschrittmacher mit Elektronikmängeln und Hüftprothesen, deren Mechanik versagt.

Nach Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die der WAZ Mediengruppe vorliegen, ist die Zahl der vom Gesetz vorgeschriebenen „Risikomeldungen“ bei Medizinprodukten von 1934 im Jahr 2000 auf 6138 im Jahr 2011 gestiegen. Seit 2005 haben sich die Meldezahlen sprunghaft erhöht. Seither wurden auch 161 Todesfälle registriert, die wohl in Zusammenhang mit fehlerhaften Produkten stehen. 2011 musste das BfArM 449-mal Länder auffordern, technische Korrekturen der Produkte oder auch Vertriebsverbote anzuordnen. 2005 war dies nur in 214 Fällen so.

Bundesregierung räumt relativ große Dunkelziffer ein

Über Ursachen der zunehmenden Risikomeldungen will Maik Pommer, der Sprecher des Bundesinstituts, nicht spekulieren. Er sagte der WAZ Mediengruppe, dies könne aber auch mit einer höheren Sensibilisierung der Ärzte zu tun haben, entdeckte Produktfehler wie vorgeschrieben zu melden. Gerade im Fall der lecken Brustimplantate, wo die Zahl der Meldungen seit Jahresbeginn von 19 auf knapp 30 anstieg, habe das Institut festgestellt, dass viele Vorfälle bisher einfach verschwiegen wurden.

Die Bundesregierung räumt gegenüber den Grünen eine „relativ große Dunkelziffer nicht gemeldeter Vorkommnisse“ ein. Allerdings droht Ärzten, die Fehler nicht melden, auch keine Strafe.

Die Grünen-Fraktion will für Medizinprodukte die gleichen strengen Genehmigungs- und Überwachungsregeln wie für Arzneien. Hier prüft das Bundesamt seit 1976 als Folge der Contergan-Affäre vor der Zulassung Nutzen und Verträglichkeit. Medizinprodukte müssen nur eingeschränkt durch TÜV oder Dekra getestet werden. Auch die Krankenkassen sagen: „Der bloße Nachweis der Funktionalität und technischen Sicherheit reicht nicht aus.“