Düsseldorf. . Bayer tut es, Eon tut es, Daimler und Otto auch: Eine Reihe von Unternehmen holt Rentner zurück an den Arbeitsplatz. Die Älteren sollen ihr Expertenwissen an jüngere Kollegen weitergeben und kurzfristig Stellen fehlender Fachkräfte besetzen.
1000 Rentner gegen den Fachkräftemangel: Mit einer eigenen Tochterfirma will der Versandhändler Otto frühere Mitarbeiter für eine begrenzte Zeit wieder für ihren alten Arbeitgeber begeistern. Das Ziel des Hamburger Konzerns: Die Älteren sollen ihr Expertenwissen an jüngere Kollegen weitergeben und kurzfristig Stellen fehlender Fachkräfte besetzen. Doch Otto ist nicht das einzige Unternehmen, das Rentner aus dem Ruhestand holt. Schon länger nutzen auch Firmen in NRW die Erfahrung ehemaliger Mitarbeiter.
Bayer tut es, Eon tut es und Daimler auch: Sie beschäftigen vereinzelt für bestimmte Projekte längst in Rente gegangene Mitarbeiter. „BaySen“ – Bayer Senior Expert Network – nennt sich zum Beispiel die Initiative des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer. Für ihn ist das Expertenwissen der Rentner im In- und Ausland gefragt. Neben organisatorischen Aufgaben übernehmen die wiedereingesetzten Kollegen auch Tätigkeiten in der Forschung, im Marketing und im Vertrieb.
Expertise der Pensionäre nutzen
„Wir nutzen die Expertise unserer Pensionäre, um den jungen Kollegen weiterzuhelfen“, sagt Elke Ickenstein von der Bayer AG. Dadurch sollen Generationen voneinander lernen. Aktuell sind 28 Rentner bei Bayer beschäftigt. Ihr Einsatz ist auf maximal 50 Arbeitstage beschränkt. In der Datenbank, in die sich Interessierte eintragen lassen können, befinden sich über 200 Ehemalige.
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Auch der Energieversorger Eon hole seine Ruheständler vereinzelt als Berater für Projekte zurück, so Sprecher Georg Oppermann. Aber „unser Vorgehen ist nicht vergleichbar“ mit dem bei Otto. Denn es handele sich dabei lediglich um Einzelinitiativen und nicht um ein großangelegtes Firmen-Projekt.
So verfahren die einzelnen Konzerne zwar unterschiedlich mit ihren ehemaligen Mitarbeitern, verfolgen aber dasselbe Ziel: Die Ruheständler sollen ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben. Doch nicht alle Firmen setzen dafür auf ihre Rentner. Der Technologiekonzern Siemens etwa legt großen Wert auf die Aus- und Weiterbildung eigener Mitarbeiter. Dafür investierte das Unternehmen allein im vergangenen Jahr 280 Millionen Euro in Deutschland. Zudem versuche die Firma nach eigenen Angaben, ihre Fachkräfte und deren Expertise durch Vorsorge- und Sport-Angebote bis zur Rente im Unternehmen zu halten. Gleiches gilt für Thyssen-Krupp: Der Industriekonzern konzentriere sich auf interne Weiterbildungen und Programme, um die Mitarbeiter für eine möglichst lange Arbeitszeit gesund und fit zu halten.
Gewerkschaft zeigt sich skeptisch
Uwe Grund vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), befürchtet, dass in Zukunft Rentner anstatt jüngere Kräfte eingestellt werden könnten, weil sie billiger seien, so wie im Falle der Leiharbeiter. „Die sollten auch nur dazu dienen, bei Auftragsspitzen die Belegschaft aufzustocken. Schon jetzt haben wir einen gespaltenen Arbeitsmarkt“ – mit Stammbelegschaften und Niedriglohnarbeitern. „Das Spiel wollen wir nicht wiederholen“, so Grund.
Professor Gerhard Bosch, Geschäftsführer des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen, begrüßt dagegen das Vorgehen der Unternehmen, solange deswegen keine Ausbildungsplätze wegfallen: „Die Rentner ergänzen die jungen Kollegen, da sie Wissen mitbringen, das die Jungen noch nicht haben.“ Sie seien daher eine wichtige Reserve, so Bosch. „Ihr Expertenwissen tut der Wirtschaft und den Unternehmen gut.“