Essen. . Der spanische Großaktionär des Essener Baukonzerns gerät massiv in Bedrängnis: ACS ist hoch verschuldet und musste mehr als 30 Prozent der Hochtief-Anteile verpfänden. Experten sehen die Gefahr, dass Hochtief in den Strudel der spanischen Immobilien- und Finanzkrise gerissen wird.
Vor gerade einmal drei Monaten präsentierte sich Manfred Wennemer noch selbstbewusst. Vehement verteidigte er die Übernahme von Deutschlands größtem Baukonzern Hochtief durch die spanische ACS-Gruppe. Von den „Horrorszenarien“, vor denen gewarnt worden sei, habe sich keines verwirklicht, beteuerte der Hochtief-Aufsichtsratschef. Im Gegenteil: Hochtief müsse froh sein, über einen Ankeraktionär zu verfügen, der etwaige Angriffe aus der Finanzszene abwehre und mögliche Zerschlagungspläne verhindere.
Doch nun entsteht neue Unsicherheit rund um den Essener Bauriesen. Denn der hoch verschuldete ACS-Konzern musste einen großen Teil seiner Hochtief-Aktien an die spanische Großbank BBVA verpfänden. Die Bank habe nun Zugriff auf 30,22 Prozent der Hochtief-Anteile, hieß es in einer Pflichtmitteilung des deutschen Baukonzerns.
Es geht um ein gewaltiges Aktienpaket: Im Zusammenhang mit einem Drei-Jahres-Kredit für ACS seien Anteilsscheine im Wert von fast 900 Millionen Euro verpfändet worden. Offenbar bekommt der spanische Konzern nur noch Geld bei entsprechenden Sicherheiten. „Hochtief wird genutzt, um ACS das eigene Überleben zu sichern“, sagt Aktionärsschützer Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Das ist eine dramatische Aktion – und für Hochtief ein ungutes Zeichen.“
Bei Hochtief sind Erfolgsmeldungen zuletzt zur Seltenheit geworden
Dass ACS enorme Schulden belasten, ist nicht neu. Doch durch die Immobilien- und Finanzkrise in dem südeuropäischen Land scheint sich die Lage massiv verschlechtert zu haben. Ende des ersten Quartals 2012 drückten ACS Nettofinanzschulden von rund 10,5 Milliarden Euro. „ACS hat schlicht und einfach Geldprobleme“, sagt Kurz. Es bestehe die Gefahr, dass Hochtief in den Strudel der Krise in Spanien gerissen wird.
Rückblick: Als ACS-Boss Florentino Perez im Herbst 2010 zur feindlichen Übernahme von Hochtief ansetzte, gab es große Befürchtungen. Mitarbeiter gingen auf die Barrikaden, weil sie die Sorge hatten, ACS werde Hochtief ausplündern. Auch so mancher Aktionär schimpfte, ein gutes Unternehmen werde von einer schlechten Firma übernommen. Im Mai 2011 war die Schlacht geschlagen. ACS-Boss Perez, der auch Präsident des spanischen Fußballclubs Real Madrid ist, war am Ziel. Bei Hochtief sind Erfolgsmeldungen zuletzt zur Seltenheit geworden: Keine Dividende, Gewinnwarnungen der erfolgsverwöhnten australischen Tochterfirma Leighton – Hochtief-Chef Frank Stieler steht unter Druck.
Aktienverkauf – ACS braucht Geld
Dass die ACS-Anteile an Hochtief nun verpfändet sind, hat zwar keine unmittelbaren Folgen für den Essener Konzern. Klar ist aber, dass die spanische Bank BBVA neuer Großaktionär von Hochtief würde, sollte ACS nicht mehr in der Lage sein, die Kredite zu bedienen. Betriebsräte wurden von der Nachricht überrascht. Auch in der Frankfurter Zentrale der Gewerkschaft IG BAU sorgt die Entwicklung für Gesprächsstoff. „Wir beobachten das sehr aufmerksam“, sagt Gregor Asshoff, der bei der IG BAU für Hochtief zuständig ist.
Sorge um Hochtief
Um Kasse zu machen, hatte ACS bereits Anteile am spanischen Energiekonzern Iberdrola verkauft. Sollte ACS auch Hochtief-Aktien abgeben, wäre es wohl ein Verkauf deutlich unter Wert.