München. Die Tricks der Steuerbetrüger werden immer gerissener. In einer monatelang vorbereiteten Großrazzia haben 700 Fahnder am Freitag in Europa 100 Wohnungen und Firmen durchsucht. Der Steuerschaden durch falsche Waren-Kreisläufe wird auf 120 Millionen geschätzt.
In einer konzertierten Großrazzia gegen organisierten Steuerbetrug haben mehr als 700 Fahnder Wohnungen und Firmen in acht europäischen Ländern durchsucht. Insgesamt seien am Donnerstagmorgen mehr als 100 Objekte unter die Lupe genommen worden, teilten das den Einsatz leitende Bayerische Landeskriminalamt in München und die Staatsanwaltschaft Augsburg am Freitag mit. 30 Haftbefehle seien vollzogen wurden, davon 19 in Deutschland.
Razzien gab es den Angaben zufolge neben Deutschland in Österreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden sowie auf der spanischen Insel Mallorca. Der Schwerpunkt habe allerdings in Deutschland gelegen. Hierzulande seien neben Bayern auch Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Sachsen und Berlin betroffen gewesen.
Bei den Durchsuchungen seien allein acht Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Augsburg und 300 Steuerfahnder im Einsatz gewesen.
Verdacht der kriminellen Vereinigung
Der Aktion waren den Angaben zufolge mehrmonatige Ermittlungen bei verschiedenen Steuerfahndungsstellen und deutschen Staatsanwaltschaften vorausgegangen. Es gehe um den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, des gewerblichen Umsatzsteuerbetrugs und der Geldwäsche.
Die verschiedenen Einzelverfahren würden nun bei der Staatsanwaltschaft Augsburg zusammengeführt, um die weiteren Ermittlungen koordinieren und zentral führen zu können. Die Region Augsburg und das Allgäu sei in Bayern ein Schwerpunkt der Razzien gewesen.
Bislang 120 Millionen Euro Steuerschaden
Es bestehe der Verdacht, dass Mitglieder einer kriminellen Vereinigung Gesellschaften im In- und Ausland gründeten, um Steuern zu hinterziehen. Sie hätten in Absprache Gesellschaften installiert, über die Waren vom Ausland ins Inland kämen und dabei verbilligt würden. Dabei würden durch die jeweiligen Käufer im Inland Umsatzsteuervorauszahlungen angemeldet, aber beim Weiterverkauf nicht ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt. Durch diese Generierung von Schein-Warenkreisläufen sei bislang ein Steuerschaden von mehr als 120 Millionen Euro entstanden.
Weitere Angaben wurden im Hinblick auf das Steuergeheimnis und wegen der andauernden Ermittlungen nicht gemacht.