Essen. . In ihren Koalitionsverhandlungen wollen SPD und Grüne nicht nur die verkaufsoffenen Sonntage reduzieren. Auch der Neuwaren- und Lebensmittelverkauf auf Flohmärkten soll eindämmt werden. Darauf drängt der Einzelhandelsverband, der Konkurrenz fürchtet.
Trödelmärkte locken am Wochenende Massen von Besuchern an. Geht es nach dem Einzelhandelsverband Ruhr, soll die Landesregierung einen Riegel davorschieben. Denn die kommerziellen Händler verkaufen sonntags auch Neuwaren und Lebensmittel. Damit träten sie in Konkurrenz zum stationären Handel, der nur an wenigen Sonntagen öffnen darf.
Als Marc André Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ruhr für Essen, Mülheim und Oberhausen, die Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag anschrieb, waren die Neuwahlen noch gar kein Thema. Die gerade angelaufenen Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen hält er nun aber für den idealen Zeitpunkt, die Trödelmärkte auf die politische Agenda zu setzen.
Denn Rot-Grün will die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage in den Städten kürzen. „Es kann nicht sein“, sagt Heistermann, „dass der Sonntagsverkauf eingeschränkt wird, die Trödelmärkte aber ungebremst weitermachen können. Wir fordern gleiches Recht für alle.“
Missbrauch eindämmen
In der Politik ist das Thema bereits angekommen. Ein Sprecher der SPD-Landtagsfraktion sagte der WAZ-Mediengruppe: „Wir haben die klare Absicht, den Missbrauch beim Verkauf von Neuware auf Trödelmärkten einzudämmen und die Benachteiligung des Einzelhandels auszuschalten.“ Auch die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Daniela Schneckenburger, sieht Handlungsbedarf gegen „Fehlentwicklungen und Auswüchse“.
Völlig offen ist allerdings, wie so eine Neuregelung aussehen könnte. Denn die Gewerbeordnung, die der Bund erlassen hat, lässt wenig Spielraum: „Ein Jahrmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern Waren aller Art feilbietet“, heißt es in § 68, Absatz 2. Eine Sortimentsbeschränkung auf Trödelmärkten, die unter die Kategorie Jahrmarkt fallen, ist nach der Gewerbeordnung also nicht möglich.
Städten sind die Hände gebunden
Zudem sind den Kommunen als Genehmigungsbehörde die Hände gebunden. „Die Stadt kann nicht verhindern, dass Trödelmärkte auf privaten Grundstücken stattfinden“, sagt Mülheims Stadtdirektor Frank Steinfort. „Wir haben deshalb auch kein Ermessen, das Sortiment zu beschränken.“
Das Gros der Flohmärkte in NRW findet in Einkaufszentren und auf Parkplätzen von Baumärkten und Supermärkten statt. Auf öffentlichen Plätzen sind sie seltener verbreitet. Dort hätten die Städte die Möglichkeit, per Satzung den Neuwaren-Anteil zu reduzieren. Damit tut sich die Politik allerdings schwer, wie das Beispiel Mülheim zeigt. Im vergangenen Jahr schlossen sich dort Handel, Kirchen, Gewerkschaft Verdi und andere zusammen, um Sturm gegen sonntägliche Trödelmärkte zu laufen. Die von der Stadtverwaltung vorlegte Satzung stoppte der Rat allerdings. Der Grund: Wenn weniger Neuwaren bei Trödelmärkten auf öffentlichen Plätzen verkauft werden dürfen, gibt es auch weniger fliegende Händler, die der Stadt lukrative Standgebühren bezahlen.
Sonntagsverbot gilt in Rheinland-Pfalz
Nun ist also die nächste NRW-Landesregierung gefragt. Sie kann sich Anregungen aus Rheinland-Pfalz holen. Dort hatten Gerichte Flohmärkte an Sonntagen generell verboten, weil sie gegen das Gebot der Sonntagsruhe verstießen. Nach Protesten des Schaustellerverbandes und der fliegenden Händler bastelt die rot-grüne Regierung in Mainz nun an einem Gesetz, das Sonntagsruhe und das große Verlangen der Bürger nach Trödelmärkten unter einen Hut bringen soll. In der Diskussion ist eine Beschränkung der Termine. Rheinland-Pfalz ist nach eigenen Angaben das erste Bundesland, das ein Trödelmarkt-Gesetz auf den Weg bringt.