Bochum. In Bochum wird es in diesem Jahr nun doch verkaufsoffene Sonntage geben. Der Rat hat am Donnerstagnachmittag nach langer und sehr emotional geführter Debatte mehrheitlich entschieden, insgesamt neun Sonntagsöffnungen zuzulassen.

In Bochum darf in diesem Jahr nun doch sonntags eingekauft werden: Nach langer und emotional geführter Debatte einigte sich der Rat am Donnerstag mit 53 Ja-Stimmen und 22 Ablehnungen darauf, an insgesamt neun Sonntagen das Einkaufen zuzulassen auf Grundlage der Einigung zwischen Kirchen, Gewerkschaften, Einzelhandelsverband und IHK.

Auch, wenn Verdi einen Tag vor dem Rat den Kompromiss plötzlich nicht mehr mittragen mochte. Geschäftsführerin Gudrun Müller soll vom Landesverband zurückgepfiffen worden sein.

Getragen wurde der Änderungsantrag von SPD, CDU, UWG, Freie Bürger, FDP. Abgelehnt wurde er von Linken, Soziale Liste und vier SPD-Mitgliedern; die Abstimmung war erneut freigeben worden. Los geht’s am 11. März (Gertrudiskirmes) und endet am 9. Dezember in Hofstede und Harpen. In der Innenstadt etwa sind drei Sonntage erlaubt, Stiepel verzichtet 2012 ganz.

Zudem wurde für die Folgejahre eine Reihe von Bedingungen von der Mehrheit per Dringlichkeitsantrag beschlossen, den die SPD eingebracht hatte. Dazu gehört eine faire Bezahlung, Freiwilligkeit der Beschäftigten, weitere Reduzierung von Sonntagsöffnungen, Stärkung der Nebenzentren und mehr Augenmerk aufs Brauchtum als Anlass für die Ladenöffnungen. Mit der Einschränkung der Verkaufstage für Einkaufszentren wie Hannibal und Ruhrpark auf maximal zweimal pro Jahr mochte sich die CDU nicht anfreunden; sie enthielt sich, genauso wie die UWG.

Damit hat der Rat seine mit einer Stimme Mehrheit beschlossene Ablehnung jeglicher Sonntagsöffnungen in Bochum vom 2. Februar revidiert. Damals hatte der Einzelhandelsverband noch beantragt, dass stadtweit 13 Sonntagsverkäufe erlaubt werden. Dass überhaupt noch einmal darüber befunden wurde, kritisierten Linksfraktion und Soziale Liste gestern heftig als „Missachtung demokratischer Beschlüsse“ und „beschämend für den Rat“.

Martina Schmück-Glock (SPD) räumte ein, der alte Beschluss „war kein Betriebsunfall“, gleichwohl sei der Rat nicht allein christlichen Traditionen oder gewerkschaftlichen Orientierungen verpflichtet, sondern auch den Ansprüchen einer modernen Großstadt: „Das zeigt schon die Abstimmung mit den Füßen.“ Zudem müssten neue Einkaufsgepflogenheiten und die Konkurrenz mit anderen Städten beachtet werden.

Der Koalitionspartner Grüne trug weder den Dringlichkeitsantrag auf faire Behandlung der Mitarbeiter im Einzelhandel mit noch die Liste der neun Sonntage fürs laufende Jahr. Wolfgang Cordes: „Wir haben die Chance des ersten Beschlusses nicht genutzt. Wir beugen uns wieder den Zwängen des Marktes.“

Für die CDU merkte Fraktionschef Klaus Frank darum süffisant an: „So müssen wir der Koalition aus der Patsche helfen.“ Der Bochumer Handel brauche die gleichen Rahmenbedingungen wie Geschäfte in den Nachbarstädten. Mit Blick aufs geplante Viktoria-Quartier dürften Unternehmen nicht abgeschreckt werden.

Jens Lücking (Freie Bürger) hielt „Sonntage für absolut notwendig“, lehnte indes die Maßgaben an den Handel als Nötigung ab. „Wir sollten nicht weiter an der Demontage des Wirtschaftsstandortes Bochum arbeiten.“

SPD-Fraktionschef Dieter Fleskes betonte: „Die Kaufkraft ist begrenzt, aber mir ist nicht egal, wohin sie fließt.“