Essen. Das Schweizer Solarflugzeug “Solar Impulse“ fliegt 2500 Kilometer nach Afrika - nur mit Sonnenenergie. Start war Donnerstag um 8:24 Uhr. Freitagmorgen will Pilot André Borschberg in Madrid zwischenlanden. Das jumbojet-große Flugzeug fliegt Pfingstmontag nach Marokko weiter - wenn das Wetter mitspielt.
Sonne im Tank - das soll reichen, um den ersten Transkontinentalflug der "Solar Impulse" zu meistern. Die Wetteraussichten sind jedenfalls bestens. Auch wenn sich das Abheben vom schweizerisch Flughafen Payerne am Donnerstagfrüh wegen Nebels um zwei Stunden verzögerte. Längst ist Pilot André Borschberg in der Luft, was jeder per Webcam mitverfolgen kann.
Er sieht aus wie ein medizinisch überwachter Kampfflieger - mit Sauerstoffmaske, Sonnenbrille und Meßgerät am Zeigefinger, das den Sauerstoffgehalt im Blut misst. Borschberg fliegt die erste Etappe des Ein-Mann-Solarflugzeugs in Jumbo-Jet-Größe, bis Madrid. Danach geht es für das Flugzeug des Schweizer Luftfahrtpioniers Bertrand Piccard dann Pfingstmontag weiter in Richtung Marokko.
Dort steht ein solar-begeistertes Empfangskommittee bereit. Denn das Solarfliegerteam wurde vom marokkanischen König Mohammed VI. nach Rabat eingeladen. Dieser startet passenderweise den Bau eines Solarkraftwerk mit 2.000 Megawatt in der marokkanischen Provinz Ouarzazate. Es soll mit vier weiteren Solarparks 2020 fertig werden.
Weltumrundung geplant
Was Sonnenenergie alles leisten kann, soll der innovative Flug der "Solar Impulse" zeigen. Immerhin düst das Solarflugzeug mit einer Reisegeschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde von Payerne bis Rabat. Die Strecke misst gut 2.500 Kilometer. Der Streckenrausch liegt in der Familie. Bertrand Piccards Vater, der Meeresforscher Jacques Picard, zog es in die Tiefe - seinen Großvater, der Ballonfahrer Auguste Piccard, in die Höhe. Der Ballofahrer stellte 1932 sogar den neuen Welt-Höhenrekord auf. Gut 16.940 Meter ging es gemeinsam mit dem belgischen Physiker May Cosyns mit einem Gasballon in die Luft.
Der bisher längster Flug mit einem bemannten Solar-Flugzeug ist aber nur eine Etappe. Bereits 2010 brach das von Bertrand Piccard entwickelte Flugzeug zu seinem ersten internationalen Flug auf und landete wohlbehalten in Brüssel. Schon damals steuerte Ingenieur Borschberg den Flieger. 13 Stunden dauerte der Flug. Und schon damals brachte die Photovoltaik-Konstruktion gute Dienste.
Cockpit und Flügel vom Bayer-Konzern
Nur mit Sonnenenergie wird das 1,6 Tonnen schwere Flugzeug in die Lüfte gebrachte. Auf einer Flügelspannweite von 64 Metern verbergen sich rund 12.000 Solarzellen. Das soll reichen, auch wenn das Team um Piccard bald mit einer verbesserten Version der Maschine die Welt umrunden will. Dass das alles so klappt, liegt auch mit am technischen Know-how von "Bayer MaterialScience".
Die Chemiekonzerntochter unterstützt die schweizerische Initiative Solar Impulse, mit Wissen, Hightech-Polymerwerkstoffen und energiesparenden Leichtbauprodukten. Das Material ist im Cockpit, in den Flügeln und in den Motorgondeln verbaut. Das Leverkusener Unternehmen ist seit 2010 Partner des Schweizer Projekts. Über 20 Mitarbeiter tüfteln seither mit an dem Solarflieger. Zum Projektende soll man dann "Tag und Nacht ohne Treibstoff rund um die Erde fliegen" können - so erklärt Bayern. Der rund um Pfingsten laufende 48-stündige Flug soll als weiterer Test vor der Weltumrundung dienen.
Flugkontrollteam probt Ernstfall
Schon vor Flugstart war Erste-Halbzeit-Pilot Borschberg, Mitbegründer von Solar Impulse, aus dem Häuschen: "Sowohl was Distanz als auch Flugdauer betrifft, erreichen wir voll und ganz die Ziele, die wir uns selbst gesteckt hatten. Eine so lange Strecke nur mit Solarenergie zu fliegen, ist ein hervorragendes Training für die geplante Weltumrundung im Jahr 2014."
Geprobt wird nicht nur die reine Fliegerei. Auch das Flugkontrollteam will durch den Flug und die Zwischenlandung in Spanien Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit internationalen Flughäfen gewinnen. Außerdem will man prüfen, wie der Solarprototyp sich in den regulären Flugbetrieb einpasst und ob die Wartungslogistik klappt. Ob's klappt lässt sich übrigens ebenfalls per Liveübertragung im Internet mitverfolgen. Die Webcams senden abwechseln Bilder aus dem Cockpit und vom Kontrollteam - bis Pfingstmontag, wenn die Sonne mitspielt.