Köln. Im Streit um eine möglicherweise erhöhte Thrombosegefahr durch die Anti-Baby-Pille Yasmin zahlt Bayer in den USA umgerechnet rund 107 Millionen Euro. Der Pharmakonzern habe sich mit 651 Klägerinnen auf Vergleiche geeinigt, teilte Konzernchef Marijn Dekkers auf der Hauptversammlung mit. Aktionäre sind durch die Klagewelle besorgt.
Der Pharmakonzern Bayer wird umgerechnet 107 Millionen Euro an amerikanische Frauen zahlen, die das Unternehmen wegen Gesundheitsschäden durch Anti-Baby-Pille Yasmin verklagt haben. Konzernchef Marijn Dekkers sagte am Freitag auf der Hauptversammlung des Unternehmens in Köln, Bayer habe sich mit insgesamt 651 Frauen - ohne Anerkennung einer Haftung - grundsätzlich auf Vergleiche geeinigt. Tausende weitere Klagen sind allerdings noch offen.
Dekkers betonte, die Entscheidung für die Vergleiche beruhe auf den spezifischen Umständen des Einzelfalls und den Besonderheiten des US-Rechtssystems. Auf Klagen in anderen Ländern hätten sie keine Auswirkungen. In Deutschland ist bislang nach Angaben des Unternehmens nur eine Klage im Zusammenhang mit der Anti-Baby-Pille eingereicht worden. Doch berichtete ein Rechtsanwalt auf der Hauptversammlung von weiteren Schadensfällen.
11.900 Klagen in den USA zugestellt
Der Leverkusener Konzern sieht sich in den USA derzeit mit einer Flut von Klagen wegen angeblicher Gesundheitsschäden durch die von ihm verkauften drospirenonhaltigen Verhütungsmittel wie Yasmin oder Yaz konfrontiert. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde FDA zeigten einige epidemiologische Studien ein bis zu dreifach erhöhtes Thromboserisiko für derartige Präparate. Andere Studien sehen dagegen kein erhöhtes Risiko.
Dekkers zufolge wurden Bayer bis Mitte April rund 11.900 Klagen zugestellt. Dahinter stünden etwa 14.000 Klägerinnen. Bei den Bayer-Aktionären sorgte die Klageflut für einige Besorgnis. Aktionärsschützer Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fragte, ob sich die Klageflut zur Existenzbedrohung für Bayer entwickeln könne. Andere Aktionärsvertreter drängten auf eine rasche Lösung des Problems.
Industrieüblicher Versicherungsschutz reicht wohl nicht aus
Dekkers betonte, verlässliche Schätzungen zur weiteren Entwicklung der Klagezahl oder zu weiteren Vergleichen seien derzeit nicht möglich. Bayer habe nur dort Vergleichen zugestimmt, wo Ansprüche wegen venöser Blutgerinnsel - tiefer Venenthrombosen oder Lungenembolien - erhoben worden seien. Solche Erkrankungen würden in weniger als der Hälfte der bislang zugestellten Klagen behauptet.
Bayer verfügt im Zusammenhang mit dem Medikament nach den Worten des Managers über den industrieüblichen Versicherungsschutz. Doch sei nicht auszuschließen, dass dieser nicht zur Deckung sämtlicher Kosten ausreichen werde.
Konzernchef Dekkers sieht trotzdem "starkes Potenzial"
Trotz der Probleme mit Yasmin blickt der Konzern aber optimistisch in die Zukunft. Dekkers sagte auf der Hauptversammlung, dank seiner Innovationskraft und der guten Position in den Wachstumsmärkten habe der Konzern "ein starkes Potenzial".
Auf der Tagesordnung der Hauptversammlung stand außerdem die Weichenstellung für die künftige Aufsichtsratsspitze. Der frühere Bayer-Vorstandschef Werner Wenning soll Anfang Oktober nach zwei Jahren Abstinenz als Aufsichtsratsvorsitzender in das Unternehmen zurückkehren. (dapd)