Berlin. Immer mehr Unternehmen klagen über Hackerangriffe, Geheimnisverrat und Produkte-Klau. Der Schaden geht in die Milliarden. Mittlerweile gilt nicht mehr China als Hauptverdächtiger, sondern Staaten des ehemaligen Ostblocks.
Mit immer aggressiveren Methoden ergaunern sich Hacker sensible Daten von Unternehmen und sorgen für enorme Schäden. "Vorsichtig berechnet beläuft sich die Gesamtsumme des finanziellen Schadens deutscher Unternehmen durch Industriespionage auf insgesamt 4,2 Milliarden Euro pro Jahr", sagte Christian Schaaf, Geschäftsführer der Sicherheitsberatungsfirma Corporate Trust, bei der Vorstellung der Studie "Industriespionage 2012" am Montag in München. Innerhalb von fünf Jahren sei der Schaden um 50 Prozent angestiegen.
Mehr als jede zweite deutsche Firma (54,6 Prozent) habe bereits unliebsame Erfahrung mit Hackerangriffen, Wirtschaftsspionage durch ausländische Nachrichtendienste, Konkurrenzausspähung von Wettbewerbern, Spionage organisierter Verbrecherbanden oder Geheimnisverrat illoyaler Mitarbeiter gemacht, heißt es in der Studie. Am häufigsten seien Mittelständler betroffen. Danach folgten Konzerne und Kleinunternehmen.
Vom Hobby-Hacker zum Kriminellen
Die Angreifer sind in den vergangenen fünf Jahren deutlich professioneller geworden, wie Schaaf erläuterte. So seien es 2007 häufig noch Jugendliche gewesen, die versucht hätten, Passwörter zu knacken. Mittlerweile handle es sich um Cyber-Kriminelle, die Firmen auf verschiedene Weise ausspionierten und Konkurrenzfirmen Insider-Informationen beschafften.
Die größte Gefahr gehe von den eigenen Mitarbeitern aus - sie waren laut Studie an 58 Prozent der aufgedeckten Fälle beteiligt. Die zweithäufigste Tätergruppe seien mit 24,6 Prozent konkurrierende Unternehmen gewesen. Dahinter folgen Kunden, Lieferanten, ausländische Nachrichtendienste, Hacker und kriminelle Banden.
Anwaltskosten und Imageschäden belasten am stärksten
Während kleine und mittelständische Unternehmen je nach Fall Schäden von bis zu 100.000 Euro erlitten hätten, seien bei Konzernen zum Teil auch Millionensummen zusammengekommen. Die Firmen klagten vor allem über die Kosten für die Rechtsstreitigkeiten und die Imageschäden, aber auch Umsatzeinbußen durch den Verlust von Wettbewerbsvorteilen seien immer wieder die Folge von Industriespionage.
Drei Viertel der befragten Unternehmen gehen der Studie zufolge davon aus, dass die Bedrohung durch Industriespionage weiter zunimmt. Als größte Risiken bezeichnen sie die steigende Zahl von Smartphones und Tablet-PCs sowie eine sinkende Sensibilität der Mitarbeiter im Umgang mit vertraulichen Daten.
Nachdem bisher China bei Plagiaten und Spionage als "böser Bube" galt, verändert sich beiden Studien zufolge hier das Bild. Im Bereich des Maschinenbaus ist erstmals China als Herstell- und Vertriebsregion für Plagiate rückläufig, dafür hätten Plagiate aus Deutschland zugenommen, teilte der VDMA mit. Es sei zudem erkennbar, dass die Fälschungen immer stärker weltweit vertrieben werden.
In der Wirtschaftsspionage wird nicht mehr nur China als Risikoland empfunden. Vor allem die ehemaligen GUS-Republiken seien mittlerweile aktiv, um wirtschaftliches Know-how für ihre Firmen zu beschaffen.
Für die Studie befragte Corporate Trust in Zusammenarbeit mit dem TÜV Süd und der Brainpool AG Mitarbeiter von 6.924 deutschen Unternehmen. (dapd)