Washington. . Der US-Sicherheitsexperte Richard A. Clarke zeigt, dass der Krieg im Netz bereits begonnen hat. Er könnte sich als ebenso tödlich erweisen wie ein Krieg mit konventionellen oder atomaren Waffen. Kopierer mit Netzanschluss können Spione werden.

Auch wenn in Libyen noch Bomben und Schüsse fallen, ein Schlachtfeld der Zukunft liegt im Internet. Und vorbereitet darauf sind wir nicht. Wie verwundbar die vernetzte Welt geworden ist, in der selbst Waschmaschinen online sind, beschreiben Richard Clarke und Robert Knake in ihrem Buch „World Wide War“.

Clarke, ehemaliger Sicherheitsberater von vier US-Präsidenten, versteht es, auch technischen Laien die Szenarien verständlich aufzuzeigen, die via Internet über uns hereinbrechen können. Das Stromnetz bricht zusammen, das Finanzsystem kollabiert, Pipelines explodieren, Züge entgleisen, Flugzeuge rasen ineinander: Tausende Menschen sterben in den ersten Stunden, nachdem Würmer und Schadprogramme attackiert haben. Woher der Angriff kommt, lässt sich nicht zurückverfolgen, nur eines steht fest: Hacker haben die USA in die Knie gezwungen.

Einfallstore für Hacker stehen weit offen

Clarke wirft nicht nur mögliche Horror-Visionen an die Wand, sondern zeigt, dass der Cyberkrieg bereits in unserem Alltag angekommen ist. Die Einfallstore für Hacker stehen weit offen – auch für Industriespionage. Kopierer, die zur Fehlerdiagnose mit dem Internet verbunden sind, werden zu Spionen. Programmierer schmuggeln eine Software auf das Gerät, die von jeder Kopie einen Abzug erstellt und an eine bestimmte E-Mail-Adresse schickt. So ist der Auftraggeber stets darüber informiert, an welchen Projekten die Konkurrenz arbeitet.

Die Autoren verfügen über eine beeindruckende Detailkenntnis, mit der sie bisher dokumentierte Cyber-Attacken beschreiben und aufzeigen, wie unverzichtbar IT-Systeme auch für konventionelle Kriegsführung geworden sind. Dass sie dabei nur den amerikanischen Blickwinkel verwendet und potenzielle Angreifer fast ausschließlich in Russland, China und Nordkorea sehen, wirkt angesichts des globalen Ausmaßes der Bedrohung allerdings manchmal ein wenig störend.

Ein Appell, die Gefahr ernst zu nehmen

Gleichwohl wird deutlich: Das Jahrzehnte geltende atomare Gleichgewicht des Schreckens hat seine Bedeutung verloren. Regierungen, die zögerten, den roten Knopf zu drücken, weil die den Großteil der Menschheit vernichtet hätte, sind nun versucht, Staaten auf elektronischem Wege anzugreifen.

Das Buch ist ein Appell, diese Gefahr ernst zu nehmen. Es passt gut in eine Zeit, in der auch die Bundesregierung ein Cyber-Abwehrzentrum eingerichtet hat.

  • Richard A. Clarke, Robert A. Knake: World Wide War, Hoffmann und Campe, 352 S., 22 €