Washington. Damit ist der Schutzwall auf globaler Ebene rund eine Billion Dollar groß. Die Mittel stehen im Krisenfall allen 188 Mitgliedern des Internationalen Währungsfonds zur Verfügung. USA und Kanada beteiligen sich nicht an der Aufstockung. Bundesfinanzminister Schäuble begrüßte die jüngste Entscheidung.
Die europäische Brandmauer gegen Krisengefahren in Höhe von rund einer Billion Dollar wird durch einen ähnlich hohen Schutzwall auf globaler Ebene ergänzt. Große Schwellen- und Industrieländer verpflichteten sich bei der Frühjahrstagung der Internationalen Währungsfonds (IWF) am Freitag, dem Fonds zusätzlich mehr als 430 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, um krisenbedrohten Ländern notfalls zu helfen.
Damit werde die finanzielle Feuerkraft des IWF, des wichtigsten globalen Krisenhelfers, auf "jenseits von einer Billion Dollar" hochgerüstet, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Sie unterstrich, die Mittel stünden im Krisenfall allen 188 Mitgliedern des IWF unterschiedslos, wenn auch nach strengen Kriterien zur Verfügung, nicht nur Europa. "Dies ist extrem wichtig und notwendig: ein Ausdruck kollektiver Entschlossenheit", unterstrich sie.
Schutzschirme können Probleme nicht lösen
Die Einigung über die Mittelerhöhung kam im Rahmen der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie des IWF-Lenkungsausschusses IMFC zustande. Getragen wird die Aufstockung, mit der die noch für Kredite verfügbare, also nicht schon belegte Ausleih-Kapazität des Fonds fast verdoppelt wird, von europäischen und außereuropäischen Ländern. Trotz anfänglicher Kritik aus ihren Reihen tragen auch die großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China - die BRIC-Staaten - bei, ohne aber bislang die exakte Höhe ihrer Beiträge festgelegt zu haben. Dagegen beteiligten sich die USA, der größte IWF-Anteilseigner, und Kanada nicht an der Aktion. Sie halten die Mittelaufstockung für nicht notwendig.
"Das zeigt die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft, sich die notwendigen Instrumente in einem Instrumentenkasten zu verschaffen, um einer Krise begegnen und sich gegen sie wappnen zu können", erläuterte die IWF-Chefin dennoch. Der Vorsitzende des IMFC, Tharman Shanmugaratnam, hob den breiten Konsens von europäischen und außereuropäischen, von Industrie- und Schwellenländern hervor, der die Mittelaufstockung möglich gemacht habe. Er unterstrich aber auch, große Schutzschirme seien nicht geeignet, die wirklichen Probleme zu lösen. Sie könnten nur die Bedingungen schaffen, damit nötige Reformen eingeleitet und durchgeführt werden könnten.
Reformen sind weiterhin wichtig
Lagarde unterstrich, die Aufstockung der IWF-Mittel hänge zwar mit der Krise in Europa und ihren Gefahren zusammen, komme aber keinesfalls nur dem "alten Kontinent" zugute. Zudem unterstrichen die G20 in ihrem Kommunique, Kredite aus diesen Mitteln an Krisenstaaten seien weiterhin an die Kriterien Risikominderung, klare Auflagen und faire Lastenteilung mit anderen staatlichen Kreditgebern gebunden. Zweifel, wie sie von einigen Ländern geäußerte wurde, dass die Europäer mit der Erhöhung ihres eigenen Schutzschirmes nicht genug getan hätten, wischte Lagarde beiseite. "Man muss das Ganze sehen", argumentierte sie mit Blick auf Reformen in den Euro-Ländern, auf unterstützende Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, auf den Fiskalpakt in Europa und vieles mehr. Shanmugaratnam gab zu bedenken, ob die europäische Mauer zur Krisenabwehr ausreiche, hänge von den Reformen ab. Erlahmten sie, dann reiche die europäische Brandmauer nicht aus.
Auch EZB-Präsident Mario Draghi begrüßte die Erhöhung der IWF-Resourcen als "sehr nützlich", insbesondere mit Blick auf die Märkte für Staatsanleihen. EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn sprach von sehr guten Neuigkeiten für Europa und die Weltwirtschaft. Die G20-Länder versprechen sich von der Entscheidung auch einen beruhigenden Effekt auf die Märkte. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble begrüßte die jüngste Entscheidung. "Dadurch wird der IWF in die Lage versetzt, für alle Herausforderungen rund um den Globus ausreichend aufgestellt zu sein", unterstrich er.
Europäer räumen Sitze für Schwellenländer
Die G20 bekannte sich zudem dazu, die bereits 2010 verabredete Quotenerhöhung und -reform beim IWF, mit der die Schwellenländer zulasten der Europäer erheblich mehr Gewicht erhalten sollen, bis zum Herbst diesen Jahres umzusetzen. Zudem hieß es in der G20-Erklärung: "Wir werden weiterhin dazu beitragen, dass die Quotenformel bis Januar 2013 umfassend überprüft ... wird". Das gelte auch für die bis Januar 2014 angepeilte nächste Überprüfung der Quotenverteilung, mit der die Schwellenländer entsprechend ihrer steigenden Bedeutung in der Weltwirtschaft noch mehr Gewicht erhalten könnten. Der Abschluss der verabredeten Quotenreform bis Herbst steht in Zweifel, weil diese unter anderem zur Ratifizierung den US-Kongress passieren muss, was wegen des US-Wahlkampfes eher unwahrscheinlich ist.
Für die dänische EU-Ratspräsidentschaft sagte Finanzministerin Margrethe Verstager zu, dass die Europäer wie verabredet zwei ihrer acht Sitze im IWF-Board zu Gunsten der Schwellenländer räumen würden.