Hamburg. Im Streit zwischen der Musik-Verwertungsgesellschaft Gema und der Online-Plattform Youtube hat das Landgericht Hamburg am Freitag zugunsten der Gema entschieden: Youtube unternehme nicht genug, um urheberrechtlich geschützte Lieder zu sperren, befanden die Richter.
Die Verwertungsgesellschaft Gema hat im Streit mit Youtube um die Nutzung von Musikvideos einen wichtigen Etappensieg erreicht. Die Videoplattform muss zwei Filter installieren, um das Hochladen bestimmter Titel zu verhindern. Das stellte das Hamburger Landgericht am Freitag in einem Urteil fest. Youtube muss jedoch nur auf Antrag tätig werden und nicht von sich aus alte Videobestände durchflöhen. Nach dem Urteil sahen sich sowohl die Gema wie auch Youtube als Sieger des Zivilprozesses.
Die Gema hatte gegen Youtube geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren zwölf Musikstücke aus dem Repertoire der Gema, etwa von Rolf Zuckowski, Boney M. oder U96. Die Gema setzte sich in sieben Fällen durch. Youtube darf diese Lieder nicht mehr "öffentlich zugänglich machen", wie das Gericht urteilte. Das Urteile habe darüber hinaus "Bedeutung für die Zukunft", sagte der Vorsitzende Richter.
Gericht sieht Youtube als "Störer" nicht als "Täter"
Das Gericht verurteile Youtube allerdings nicht als Täter, sondern nahm die Plattform als sogenannten Störer in Haftung. Verletzer des Urheberrechts bleibt damit der Musikfan, ein Videos hochlädt, dessen Rechte bei der Gema liegen. Weil Youtube aber die technische Möglichkeit des Hochladens geschaffen hat, gilt die Plattform in den Augen der Richter als "Störer" der Rechte der Gema.
Gema-Anwältin Kerstin Becker sagte, das Urteil sei "ein herausragender Erfolg für die Gema". Erstmals habe ein Gericht die Verantwortung von Youtube für die Videos klargestellt. Der Sprecher der Youtoube-Mutter Google Kay Oberbeck sagte, es handle sich um einen "wichtigen Teilerfolg für Youtube". Das Gericht habe klargemacht, Youtube sei eine Hostingplattform.
Youtube muss Sperr-Software für Musikvideos erweitern
Inwieweit Youtube Rechtsschritte gegen die Entscheidung in Hamburg einlegen will, steht laut Oberbeck noch nicht fest: "Wir müssen erst die schriftliche Begründung prüfen". Im Statement jedenfalls vermeidet Google Angriffe auf die Gema: "Wir laden die Gema ein, nun endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren und im Sinne der gesamten Musikindustrie eine Lösung zu finden. Dass YouTube hierzu bereit ist, hat YouTube bereits durch Vereinbarungen mit Musikverwertungsgesellschaften für mehr als 40 andere Länder weltweit gezeigt.
So stellten sich laut Oberbeck nun vor allem praktische Fragen, denn das Landgericht legte Youtube auf, die Videoplattform mit zwei Filtern auszustatten: Das firmeneigene Content ID und einen neuen Wortfilter. Wie das in die Praxis umgesetzt werden kann, ist aus Sicht von Google noch nicht klar. Das Gericht jedenfalls hat verfügt: Wenn die Gema ihre Rechte verletzt sieht, kann sie das nun Youtube melden und die Plattform muss das Video löschen.
Internet-Verband wertet Urteil als "gutes Signal für die Internet-Wirtschaft"
Außerdem muss jedes weitere zukünftig hochgeladene Video dieses Titels auch von Youtube gelöscht werden. Der Wortfilter soll dabei helfen, falls das Content ID nicht reicht. Bisher löschte Youtube nur auf freiwilliger Basis einzelne kritisierte Filme, in Einzelfällen auch sehr schleppend. Die Videoplattform lehnte bisher jede rechtliche Verantwortung für in ihrem Dienst angebotene Inhalte ab. Die konkreten Videos aus dem Prozess hat Youtube längst gesperrt.
Der Hightech-Branchenverband Bitkom wertet das Urteil des Hamburger Landgerichts zu den Pflichten des Internetportals Youtube bei Urheberrechtsfragen zumindest in Teilen als "gutes Signal für die Internetwirtschaft". Die Richter hätten klargestellt, dass das Videoportal den Nutzern lediglich eine Plattform zur Verfügung stelle, aber rechtlich nicht der Anbieter der eingestellten Dateien sei, erklärte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder am Freitag in Berlin. Insofern sorge das Urteil für mehr Klarheit. Andernfalls wäre das Geschäftsmodell von Onlineplattformen gefährdet.
Rechtsstreit mit der Gema dauert schon drei Jahre
Zugleich wertete der Verband der Internet- und Telekommunikationsbranche andere Entscheidungen des Gerichts kritisch. Das betreffe etwa den von den Richtern verlangten Einsatz von Wortfiltern, um die Menge an hochgeladenen Videos auf verbotene Musikvideo-Titel oder Interpretennamen zu durchsuchen. Insgesamt nehme sein Verband die Hamburger Entscheidung "mit gemischten Gefühlen" auf, erkläre Rohleder weiter. Er forderte Youtube und Gema auf, ihren seit Jahren ungelösten Konflikt über die Musikverwertung im Netz beizulegen.
Schon seit drei Jahren liegt die Gema mit der Google-Tochter im Clinch. Eine Nutzungsvereinbarung zwischen Gema und Youtube war 2009 ausgelaufen, neue Lizenzverhandlungen führten wegen unterschiedlicher Vorstellungen zu keinem Ergebnis. Dass da was im Argen liegt merken Youtube-Nutzer, wenn sie auf der Suche nach Videos oft nur einen schwarzen Bildschirm sehen mit dem Eintrag: "Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar". Mehrere Tausend Musikvideos sollen derzeit auf diese Art gesperrt sein. (dapd/afp/dae/WE)