Hattingen. Hattinger Experten sehen wegen der drastischen Erhöhung für Musik-Rechte schwarz: Sie befürchten im schlimmsten Fall das Aus für Straßenfeste wie das Maifest. Dort wird bereits in diesem Jahr bewusst auf ein musikalisches Begleitprogramm verzichtet.
Ab Januar 2013 plant die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, eine Vereinfachung ihres Tarifsystems: In Zukunft will sich die Gesellschaft sowohl bei Veranstaltungen mit Live-Musik als auch mit abgespielter Musik an den Faktoren Eintrittsgelder in Ein-Euro-Schritten sowie Größe einer Veranstaltung in linearen 100 Quadratmeter-Schritten orientieren. Und das trifft die Hattinger Veranstalter, Gastronomen und Festbetreiber hart – es wird deutlich teurer.
„Das wird der Tod vieler Veranstaltungen sein“, prophezeit Georg Hartmann, Geschäftsführer vom Stadtmarketing. „Im schlimmsten Fall bedeutet die neue Tarifstruktur das Aus unserer Straßenfeste.“
Nutzungsgebühren verhindern musikalisches Begleitprogramm
Die Gema zerstöre bereits jetzt Musikveranstaltungen wie Hattingen Live mit ihren Nutzungsgebühren, ärgert sich Hartmann. „Beim kommenden Maifest verzichten wir bewusst auf ein musikalisches Begleitprogramm, um Kosten zu sparen“, erklärt der Stadtmarketing-Chef. Für ihn bedeute diese Maßnahme einen Qualitätsverlust der lokalen Straßenfeste. Für die Zukunft sehe er daher schwarz.
Auch Musiker und Veranstalter Andreas Löbbecke sieht die Zukunft der Musikfeste durch die Gema-Pläne beeinträchtigt: „Das neue Tarifsystem bedeutet zwar nicht zwangsläufig das Ende für Straßenfeste und Konzerte an sich, aber es wird besonders bei den eintrittsfreien Veranstaltungen Einschnitte geben.“ Kulturelle Volksfeste wie das Altstadtfest würden „den Bach heruntergehen“. Er glaube an „einen großen Umbruch“.
Zudem werde die Veränderung des Tarifsystems noch ganz andere Folgen haben, prophezeit der Musiker: „Es wird in Zukunft mehr schwarze Schafe geben – viele Veranstalter werden ihre Aktivitäten gar nicht erst bei der Gema anmelden, um somit die Gebühren zu umgehen.“
Gema sieht das neue System einfacher und übersichtlicher
Die Gema selbst hingegen sieht in der veränderten Struktur eine positive Entwicklung: Die ursprünglich elf eigenständigen Tarife für Musik-Veranstalter beschränkt die Gesellschaft künftig auf zwei – für Tonträgermusik einerseits und Live-Musik andererseits, während die restlichen Tarife verloren gehen. Dadurch werde das System einfacher und übersichtlicher, heißt es aus München.
„Für einige Veranstalter mag sich die neue Struktur vielleicht positiv auswirken“, überlegt Gunda Otholt, Managerin der Gebläsehalle. Für die meisten stelle sie jedoch eine drastische Erhöhung der Gema-Gebühren dar. Für das Anliegen der Gesellschaft zeigt Otholt durchaus Verständnis. „Es ist wichtig, dass den Urhebern von Musik auch das Geld zukommt, das ihnen zusteht“, erklärt die Mitarbeiterin des Industriemuseums. Trotzdem ist sie skeptisch: „Erst nach der Einführung wird sich zeigen, ob diese wirklich so positiv ist wie die Gema es darstellt.“
Neben den Musik-Veranstaltern sind von den Veränderungen im Tarifsystem besonders die Gastronomen betroffen.
Während sich Dirk Preuß, Inhaber vom Landhaus Siebe, bisher „noch keine Gedanken“ gemacht habe und erst einmal abwarten werde, zeigt sich Restaurant-Inhaberin Eva Grum zwar wütend, sie resigniert aber (noch) nicht: „Wir müssen uns danach richten, was uns vorgeschrieben wird, auch wenn es uns nicht passt – dagegen kann man ja leider nichts machen.“
Erhöhung um bis zu 534 Prozent
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband zeigt beispielhaft die Veränderungen der Gema-Gebühren ab dem kommenden Jahr auf: So wird es für kostenlose Musik-Veranstaltungen mit einer Fläche von 100 Quadratmeter keine Vergünstigungen geben. Bei einer eintrittsfreien Veranstaltung mit bis zu 200 Quadratmeter Fläche steigen die Gebühren bereits um 25 Prozent. Drastisch wird es ab einer Veranstaltungsfläche bis zu 600 Quadratmetern und einem Eintritt von 15 Euro – die Gebühren steigen hier um 81 Prozent. Bei einer Fläche von 2200 Quadratmeter und einem Eintrittspreis von 40 Euro beträgt die Erhöhung stolze 534 Prozent.
1. Hattinger Maifest