Berlin. . Die Euro-Krise hat den Gewinn der Bundesbank 2011 massiv einbrechen lassen. Das reißt ein Loch in die Haushaltsplanungen der Bundesregierung. Mit Blick auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank warnt Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor zunehmenden Risiken.
Die Folgen der Euro-Rettung sind bei der Bundesbank angekommen. Am gestrigen Dienstag meldete die Behörde einen um 70 Prozent gesunkenen Gewinn gegenüber dem Vorjahr. Nur noch 643 Millionen Euro fließen dieses Jahr an den Bundesfinanzminister, 2010 durfte sich Wolfgang Schäuble (CDU) noch über 2,2 Milliarden Euro Bundesbankgewinn für die Staatskasse freuen. Einen kleineren Überschuss hatte die Bundesbank zuletzt vor knapp zehn Jahren erwirtschaftet. Bundesbankpräsident Jens Weidmann verwies zur Begründung auf die höhere Risikovorsorge wegen der Staatsschuldenkrise in Europa.
"Loch in der Finanzplanung der Bundesregierung"
„Der niedrige Bundesbankgewinn reißt ein Loch in die Finanzplanung der Bundesregierung“, kritisierte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Der CDU-Haushälter Norbert Barthle relativierte die Zahlen, der Bundesbankgewinn schwanke regelmäßig. Zugleich verschärfte sich der Streit um den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB). Bundesbankpräsident Weidmann mahnte, es sei nicht Aufgabe der Geldpolitik, marode Banken künstlich am Leben zu erhalten oder die Zahlungsfähigkeit von Staaten abzusichern.
Hintergrund ist die lockere Geldpolitik der EZB. Die Notenbank stellte den europäischen Geschäftsbanken kürzlich in zwei Tranchen jeweils rund 500 Milliarden Euro für drei Jahre für nur 1 Prozent Zinsen zur Verfügung. Zudem verharrt der Leitzins schon lange auf dem historisch niedrigen Niveau von nur 1 Prozent, zusätzlich kauft die EZB Staatsanleihen hoch verschuldeter Euroländer. Und schließlich hat die Bundesbank inzwischen Forderungen von rund 500 Milliarden Euro an das EZB-Zahlungssystem angehäuft, die bei einem Kollaps der Eurozone von den Steuerzahlern in Deutschland aufgebracht werden müssten.
Weidmann schrieb vor diesem Hintergrund einen Brief an EZB-Präsident Mario Draghi, in dem er auf die zunehmenden Risiken hinwies. Die Bundesbank sieht sich traditionell der Geldwertstabilität verpflichtet, der Italiener Draghi setzt mehr auf unorthodoxe Methoden, um die Kapitalmärkte in der Eurozone zu beruhigen.
Da der Vorgang öffentlich wurde, sah sich Weidmann gestern genötigt, auf sein „sehr gutes“ Verhältnis zu Draghi hinzuweisen. In der Öffentlichkeit und an den Finanzmärkten kommt es schließlich gar nicht gut an, wenn die EZB-Spitze nach außen uneinig auftritt.
Sorgen um die Geldschwemme
Dennoch: Die freundlichen Worte täuschen nicht darüber hinweg, dass sich die Vertreter der Bundesbank zunehmend Sorgen um die Geldschwemme machen. „Für mich ist es ein zentrales Anliegen, dass keine Stabilitätsrisiken entstehen“, betonte Weidmann mit Blick auf den geldpolitischen Krisenkurs. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Geldpolitik ins Schlepptau der Finanzpolitik gerate.
Der Eindruck ist bei vielen Beobachtern freilich längst entstanden. So nutzen die Banken die rund eine Billion Euro billigen Zentralbankgeldes unter anderem dafür, Staatsanleihen südeuropäischer Länder zu kaufen. Durch die höhere Nachfrage der Banken sind die Renditen für spanische und italienische Staatspapiere seit Dezember deutlich zurückgegangen. Für die Regierungen in Rom und Madrid sinken so die Kosten für ihre Staatsschulden.
Auch die Banken machen ein gutes Geschäft. Sparkassenpräsident Heinrich Haasis rechnet vor, dass die privaten Großbanken so eine Gewinnmarge von rund vier Prozent erzielten. Wenn mehr als 100 Milliarden Euro des billigen EZB-Geldes an italienische Banken geflossen seien, hätten diese nahezu fünf Milliarden Euro eingestrichen. Wer dafür zahlt, ist offen.
Die Bundesbanker fürchten offenbar, dass dies am Ende die Bürger sein könnten. Denn höhere Inflationsraten gehen vor allem zu Lasten von kleinen Leuten. Zuletzt hatte die EZB ihr Inflationsziel von zwei Prozent deutlich verfehlt. Bislang wird indes mit Verweis etwa auf die hohen Ölpreise verneint, dass die Flut billigen Geldes ursächlich für die beschleunigte Preissteigerung ist. Andererseits stecken Investoren ihr Geld zunehmend in Rohstoffe wie Öl, so dass doch bereits erste Preisblasen durch die lockere Geldpolitik in Europa und den USA entstanden sein könnten.
Bundesbankpräsident Weidmann dürfte noch in guter Erinnerung haben, dass die Finanzkrise 2008 im Kern durch zu viel Geld im Markt ausgelöst wurde. Der gewerkschaftsnahe Forscher Gustav Horn vom IMK Düsseldorf hält jedoch nichts von der Intervention der Bundesbank. „Weidmann trägt so zur Verunsicherung bei und erschwert die Stabilisierung des Euros.“