Essen. . Die Drogeriekette Schlecker will sich von etwa 11.750 Angestellten trennen und 2500 Filialen schließen. Nur 13.500 Jobs und 3000 Geschäfte sollen erhalten bleiben. Der Kahlschlag fällt heftiger aus, als manch Branchenkenner erwartet hatte.
„Harte Schnitte, unabdingbar“ – Arndt Geiwitz, vorläufiger Insolvenzverwalter der Drogerie-Kette Schlecker, eiert nicht lange herum. Nach der „positiven Feststellung“, das Unternehmen sei „zukunftsfähig“, kommt jene brutale Nachricht, die die Sorgen der 25 250 Mitarbeiter wachsen lässt. Ihnen dürften schlaflose Nächte bevorstehen.
Schlecker will sich von etwa 11 750 Angestellten trennen und 2500 Filialen schließen. Nur 13 500 Jobs und 3000 Geschäfte sollen erhalten bleiben. Der Kahlschlag fällt heftiger aus, als manch Branchenkenner erwartet hatte. Welche Märkte verschwinden werden, will Schlecker erst nach Abstimmung mit den Arbeitnehmern bekannt geben. Der Arbeitsplatzverlust solle „so sozialverträglich wie möglich gemacht werden“, sagte Geiwitz. „Wir werden in den kommenden Wochen dazu einen Vorschlag erarbeiten.“
Diplomatisch verpackt bedeutet das Massenentlassungen. „Ein Stellenabbau dieser Dimension ist nicht ohne Kündigungen möglich“, sagt Gerhard Bosch, Arbeitssoziologe an der Uni Duisburg-Essen.
Verdi will in den kommenden drei Wochen über die für die Beschäftigten entscheidenden Fragen verhandeln: Über einen Sanierungstarifvertrag für jene, die bleiben und wohl weniger verdienen werden; sowie über eine Transfergesellschaft und einen Sozialtarifvertrag für jene, die gehen müssen. Im Insolvenzrecht ist eine Abfindung von maximal 2,5 Monatsgehältern möglich.
„Die Einschnitte sind ein Hammer“
Liselotte Hinz, Handels-Expertin bei Verdi NRW, nannte die Einschnitte einen „Hammer“. Jetzt gehe es darum, „für die Beschäftigten das Bestmögliche herauszuholen“.
Der Insolvenzverwalter rechnete auch mit dem alten Management ab. Schlecker trage die Verantwortung für die harte Sanierung. Die Umstrukturierung sei zu spät eingeleitet worden, das Insolvenzrecht verbiete weitere Verluste. Mit Eröffnung des Verfahrens – wohl Ende März – müsse Schlecker operativ schwarze Zahlen schreiben.
Die von Geiwitz vorgestellte Überlebensstrategie legt jene Probleme offen, die zum Niedergang des einstigen Marktführers geführt haben: zu hohe Kosten, zu teures Sortiment, zu schäbige Läden und eine zweifelhafte Unternehmenskultur. All diese Baustellen müssten „mit Nachdruck“ beackert werden, sagte Geiwitz.
„Historischer Imageverlust“
Damit fällt das Urteil des Insolvenzverwalters nicht viel milder aus als das des Arbeitssoziologen Bosch: „Schlecker hat versucht, sein gescheitertes Geschäftskonzept mit Lohndrückerei zu retten und dadurch einen historischen Imageverlust erlitten. Dass nun die Beschäftigten das ausbaden müssen, ist tragisch.“
Minilöhne und die Ausgliederung von Stammkräften in eine eigene Leiharbeitsfirma haben den Ruf so nachhaltig beschädigt, dass die Kehrtwende den Niedergang nicht mehr aufhalten konnte. Das Leiharbeits-Karussell wurde geschlossen, Löhne auf Tarifniveau gehoben. Die Kinder des Firmenpatriarchen Anton Schlecker, Lars und Meike, haben 2010 das Ruder übernommen und sogleich herumzureißen versucht. Zuletzt wusste selbst Verdi nur Gutes über das Management zu sagen.
Doch ein einmal erworbenes Image lässt sich nicht so schnell ablegen. Laut Gesellschaft für Konsumforschung hat Schlecker allein 2011 zwei Millionen Kunden verloren, nachdem in den Vorjahren bereits drei Millionen zur Konkurrenz abgewandert waren. Hinzu kommt, dass die Preise laut jüngster GKL-Analyse im Schnitt um 16 Prozent teurer sind als bei der Konkurrenz.
Partner gesucht
Immerhin: Für 3000 Filialen sieht Insolvenzverwalter Geiwitz eine Zukunft. Damit betreibe Schlecker immer noch mehr Läden als die großen Wettbewerber dm und Rossmann zusammen, betonte er. Doch aus eigener Kraft wird Schlecker auch das kaum schaffen. Wie schnell die Modernisierung der Geschäfte gelinge, hänge von den „verfügbaren Investorengeldern“ ab, sagte Geiwitz. Der Drogist braucht Partner.