Ulm/Passau. Die Drogeriemarktkette Schlecker hat nun auch offiziell Insolvenz angemeldet. Die Familie Schlecker will bei der Sanierung das Heft selbst in der Hand halten. Schließlich haftet sie mit ihrem Privatvermögen. Ob die Gläubiger diesen Plan mitgehen, ist offen.
Der einstige Drogeriekönig Anton Schlecker ist pleite. Der 67-Jährige will mit einem Insolvenzantrag einen Großteil der gut 7000 verbliebenen Filialen mit rund 30.000 Arbeitsplätzen retten, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Schlecker haftet als Einzelkaufmann auch mit seinem Privatvermögen für das Imperium, das in den vergangenen Jahren immer mehr Boden auf die Konkurrenten dm und Rossmann verloren hatte. "Das geht bis an die Substanz", sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Ulm. Schlecker will das Filialnetz über einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung sanieren, also selbst das Heft beim Umbau in der Hand behalten, wie ein Schlecker-Sprecher bekräftigte.
Zunächst aber muss der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen. Geiwitz gilt zwar als Spezialist für diese seltene Form der Insolvenz, die Gerichte genehmigen diesen Schritt allerdings oft nicht. "Ob das zustande kommt, ist völlig offen", sagte der Sprecher des Amtsgerichts.
Wichtiger Gläubiger von Schlecker skeptisch
Einer der wichtigen Gläubiger, der Einkaufsverbund Markant, habe dem Gericht schon seine Vorbehalte gegen das Planverfahren in Eigenverwaltung signalisiert, berichtete die "Financial Times Deutschland". Eine Sprecherin von Markant Deutschland sagte, das Unternehmen werde sich grundsätzlich zum Fall Schlecker nicht äußern. Markant hatte für Schlecker - wie für andere Firmen - einen Großteil des Einkaufs organisiert und vorfinanziert. Nicht bezahlte Rechnungen an Markant waren Medienberichten zufolge der Auslöser für die Insolvenz, die sich seit Freitag abgezeichnet hatte.
Insolvenzantrag wurde für die Anton Schlecker e.K., die Internet-Tochter Schlecker Homeshopping und die Schlecker XL gestellt. Schlecker XL hießen die neuen, größeren Filialen, mit denen das Unternehmen das Ruder herumreißen wollte. Die zweite, erst 2007 aus der Insolvenz heraus übernommene Schlecker-Marke "Ihr Platz" und die Töchter im Ausland seien von der Insolvenz nicht betroffen.
Die Mitarbeiter erhalten nun für bis zu drei Monate Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur. Eine Sprecherin der Gewerkschaft Verdi betonte, es lägen noch keine Zahlen für den geplanten Stellenabbau vor. Offizielle Gespräche über das Sanierungskonzept habe es noch nicht gegeben.
Leere Regale vor Weihnachten
Schlecker kämpft seit Jahren mit Verlusten und sinkenden Umsätzen. Rund tausend zumeist kleinere Filialen wurden seit Mitte 2010 schon geschlossen. Nach Berechnungen von Dirk Rossmann, dem Chef der gleichnamigen Drogeriekette, hat dm mit weit weniger Filialen Schlecker 2011 beim Umsatz überrundet. Der finanzielle Engpass habe sich abgezeichnet, sagte er der "Financial Times Deutschland". "Denn wenn ein Handelsunternehmen im Weihnachtsgeschäft keine Ware hat, dann ist das ein überdeutliches Alarmsignal." Wettbewerber wie dm oder Rossmann hatten Schlecker mit seinem Billig-Image und den vielfach verwinkelten, mit wenig Personal besetzten Filialen immer stärker Konkurrenz gemacht.
Nun hofft Schlecker mit einem Insolvenzplan wieder auf die Beine zu kommen. Dieser zielt auf einen Erhalt des Unternehmens ab. Meistens muss der Eigentümer dazu aber Geld nachschießen, um die Gläubiger zu einem Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen zu bewegen - wenn er kann. "Die Familie hat in den vergangenen Jahren eine ganze Menge an Geld nachgeschossen", sagte sein Sprecher. In den vergangenen Jahren war Anton Schlecker in den einschlägigen Listen als Milliardär geführt worden.
Schlecker holt sich externe Sanierer
"Wir glauben, dass das Weiterführen des Geschäftsbetriebes für alle Beteiligten das Beste ist. Das gilt aus unserer Sicht für die Mitarbeiter, als auch für die Handelspartner und Vermieter", sagte der Schlecker-Sprecher. Externe Sanierer seien bereits im Hause. Namen wollte der Sprecher aber nicht nennen. Er gehe davon aus, dass die Lieferanten Schlecker auch in der Insolvenz die Treue halten werden. Dirk Rossmann äußerte sich skeptisch: Es sei illusorisch, einen Großteil der Filialen zu erhalten. "Jedenfalls möchte ich nicht in der Rolle des Insolvenzverwalters stecken." (rtr)