Essen. . Mit Spannung wird die Hauptversammlung von Thyssen-Krupp am Freitag in Bochum erwartet. Die Kostenexplosion für das Stahlwerk in Brasilien wird für Zündstoff sorgen. Offenbar prüft der Konzern, das 5,2-Milliarden-Euro-Werk wieder zu verkaufen.
Der „Eiserne Ekki“, dieser Tage hat sich der langjährige Chef von Thyssen-Krupp den Ruf besonders hart verdient. Kaum ein Neujahrsempfang, auf dem er sich nicht sehen lässt, Hände schüttelt, sich zeigt. Bei der Mercator-Stiftung ergriff er das Wort bei der Podiumsdiskussion. Nein, in Sack und Asche gehen, das sähe anders aus. Schulz kämpft aufrecht und preußisch um seine Reputation.
Die Art, wie sein Abschied aus dem Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp und dem Kuratorium der Stiftung betrieben und dargestellt worden war, hat ihn tief getroffen. Er war es schließlich, der die Verantwortung für das Milliarden-Desaster in Brasilien von sich aus übernommen hat. Im November schon, einige Wochen vor der Bilanzveröffentlichung am 6. Dezember, hatte er Aufsichtsratschef Gerhard Cromme den Rücktritt angeboten. Der aber lehnte ab. Später ging es dann hoppladiehopp. Das Heft des Handelns hatten andere in der Hand.
Im Handelsblatt war von Verschleierung der Kosten die Rede. Berthold Beitz, der Chef der Krupp-Stiftung, soll von „einem unverzeihlichen Loyalitätsbruch“ gesprochen haben, meldete die Zeitung ohne Quellenangabe.
Schulz in der ersten Reihe
Das traf hart, vor allem einen, der die Firma immer an Nummer eins sah, sogar vor der Familie. Kein Wunder, dass Schulz auch am Freitag zur Hauptversammlung von Thyssen-Krupp kommen will, um in der ersten Zuschauerreihe Platz zu nehmen. Im Bochumer Ruhrcongress vertritt der 70-Jährige, so die FAZ, offiziell die Aktien, die er für seine Enkelkinder gekauft hatte.
Ob Schulz auch reden wird, war zunächst unklar. Turbulent dürfte die Hauptversammlung allemal werden. Wie es heißt, könnte der Aufsichtsratsvorsitzende Cromme eine Ehrenerklärung für Schulz abgeben. Der Chefaufseher wird sich aber selbst Fragen nach seiner Verantwortung stellen lassen müssen.
Die Rolle von Gerhard Cromme
So wollen die „Kritischen Aktionäre“ dem Aufsichtsrat die Entlastung verweigern. „Der Aufsichtsrat unter der Leitung von Dr. Gerhard Cromme“, so heißt es in dem Antrag, habe dem Vorstand „zu lange erlaubt“, den Bau des brasilianischen Stahlwerks „ohne ausreichende Klärung der Risiken zu verfolgen“. Ein Gutachten sieht gleichwohl keine Sorgfaltspflicht-Verletzung von Vorstand und Aufsichtsrat. Die auf 1,3 Milliarden Euro veranschlagten Baukosten für Brasilien waren am Ende auf 5,2 Milliarden Euro gestiegen. Im Dezember musste Konzernchef Heinrich Hiesinger einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro bekannt geben.
Zukunft des Stahls
Nun soll Hiesinger, der Thyssen-Krupp seit einem Jahr führt, laut Manager Magazin den Verkauf der neuen Stahlwerke in Brasilien und Alabama prüfen. Ein Konzernsprecher wollte das nicht kommentieren. Es gibt sogar Spekulationen, dass sich Thyssen-Krupp ganz aus dem Stahlgeschäft zurückziehen könnte, um sich als reiner Technologie-Konzern aufzustellen.