Frankfurt. . Die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken haben die globalen Finanzmärkte mit Geld geflutet. Die Kurse reagierten prompt mit einem deutlichen Kurssprung: Der Dax legte um vier Prozent zu. Die Länder der Eurozone haben derweil einen Hebel für den Rettungsfonds beschlossen.

Im Kampf gegen die Schuldenkrise gehen die wichtigsten Notenbanken der Welt überraschend in die Offensive. Wie in den schlimmsten Tagen der Finanzkrise stellen sie den Finanzmärkten in einer koordinierten Aktion mehr Geld zur Verfügung. Damit sollten die Spannungen an den Märkten reduziert und auch die Realwirtschaft unterstützt werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Notenbanken am Mittwoch. An den Aktienmärkten löste die Aktion ein Kursfeuerwerk aus: Der Dax baute seine Gewinne auf plus vier Prozent aus. Auch der Euro gewann gegenüber dem Dollar deutlich an Wert.

Lob von Analysten

Beteiligt an der Aktion sind die Europäische Zentralbank, die US-Notenbank Federal Reserve sowie die Notenbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz. Die Zentralbanken verständigten sich darauf, die Kosten bestehender Dollar-Swaps ab dem 5. Dezember um 50 Basispunkte zu reduzieren. Die EZB und andere Notenbanken wollen den Instituten zudem bis auf weiteres mit Auktionen für drei Monate Geld leihen. Um für einen Notfall gewappnet zu sein, vereinbarten die Zentralbanken zudem Tauschgeschäfte, um jederzeit die von Banken benötigte Währung bereitstellen zu können.

Analysten begrüßten das konzertierte Vorgehen in ersten Reaktionen einmütig. Dies zeige, dass die Verantwortlichen das Problem endlich angingen, sagte etwa Mark Cliffe, Chefvolkswirt der ING Group. „Zuletzt haben wirklich düstere Szenarien die Runde gemacht. Angesichts dessen ist es wirklich umso wichtiger, dass sie nun mit aggressiven Maßnahmen das Bankensystem unterstützen.“ Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel erklärte, die Notenbanken wollten vor allem eine neue Liquiditätskrise abwenden, die wie schon nach der Lehmann-Pleite vor drei Jahren das globale Finanzsystem lähmen könnte: „Die Notenbanken stehen Gewehr bei Fuß. Jegliche Anzeichen einer Liquiditätskrise werden mit allen Mitteln bekämpft. Wenn Verspannungen auftreten, werden sie nachschießen.“

„Feuerkraft“ des Rettungsfonds soll verdreifacht werden

Die Europäische Union sucht derzwei trotz einer gerade erst beschlossenen Stärkung des Euro-Rettungsfonds durch einen „Finanzhebel“ im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise nach weiteren Geldquellen. Die Bemühungen zur Bewältigung der Probleme seien in die „entscheidende Phase“ getreten, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel. Die Hoffnungen richten sich nun auf den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Euro-Finanzminister beschlossen am Dienstagabend Regeln, um die „Feuerkraft“ des Euro-Rettungsfonds (EFSF) durch die Einbindung privater Investoren theoretisch zu verdreifachen und im allerbesten Fall sogar zu verfünffachen. Einerseits soll der Fonds Investoren mit einer Versicherung für den Fall von Staatspleiten zum Kauf von Anleihen unter Druck geratener Euro-Staaten bewegen, andererseits soll in Unterfonds des EFSF Geld privater und staatlicher Investoren zum Aufkauf von Staatsanleihen gesammelt werden.

Besonders Italien gilt als Sorgenkind

Beide Modelle sollen sichern, dass Euro-Länder mit Problemen neue Schulden zu erträglichen Zinsen machen können. Besonders Italien gilt derzeit als Sorgenkind und kann sich nur noch zu Rekordaufschlägen Geld leihen. Doch wie wirksam die beiden beschlossenen Modelle sind, hängt von dem Interesse von Investoren ab. „Es ist einfach nicht möglich, eine Summe zu nennen“, sagte EFSF-Chef Klaus Regling.

Auf dem Euro-Gipfel vor einem Monat war die Rede davon gewesen, dass die noch verfügbaren 250 Milliarden Euro in dem Fonds so auf die Wirkung von einer Billion Euro gebracht werden können. Doch angesichts des weiter schwindenden Vertrauens der Finanzmärkte in die Euro-Länder, räumte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ein, dieses Ziel werde „wahrscheinlich nicht“ erreicht.

Wird der Hebel ausreichen?

Da die Krise sich jedoch weiter zuspitzt, halten die Europäer bereits nach weiteren Geldquellen Ausschau. Sie fürchten, dass der EFSF trotz des Hebels im Kampf gegen die Schuldenkrise nicht ausreichen könnte. „Wir erreichen nun die entscheidende Phase von zehn Tagen, um die Krisenreaktion der Europäischen Union fertigzustellen und zu beschließen“, sagte Rehn am Mittwoch am Rande eines Treffens der EU-Finanzminister. Die Staats- und Regierungschefs kommen am 8. und 9. Dezember zu einem Gipfeltreffen zusammen, das erwartungsgemäß von der Eurokrise dominiert sein wird.

Rehn sprach sich dafür aus, den IWF durch weitere finanzielle Mittel als Instrument im Kampf gegen die Krise zu stärken. Auch Schwedens Finanzminister Anders Borg forderte alle IWF-Mitglieder auf, „ihren Beitrag zu erhöhen“. Die Euro-Finanzminister berieten am Dienstag ebenfalls darüber, die Mittel des IWF durch bilaterale Kredite europäischer Länder zu erhöhen.

Schäublie will EZB bei Eurorettung weitgehend raushalten

Verstärkt in den Blick ist auch wieder die Europäische Zentralbank (EZB) geraten, die in den vergangenen Monaten bereits Staatsanleihen für mehr als 200 Milliarden Euro vom Markt gekauft hat, um Länder wie Italien und Spanien zu unterstützen. Die EZB habe dabei noch „Spielraum“, sagte Borg. Auch Österreichs Finanzministerin Maria Fekter zeigte sich offen für eine größere Rolle der EZB. Da es ein „flexibles“ Instrument brauche, „kann ich mir eine Weiterentwicklung vorstellen“, sagte sie.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Dienstag erneut Pläne abgelehnt, die Europäische Zentralbank umfassend bei der Eurorettung einzusetzen. Das sei „durch die europäischen Verträge ausgeschlossen“. (rtr/afp)