Essen/München. . MAN und Ipic haben sich im Streit um Ferrostaal endlich geeinigt. Die Essener werden an das Handelshaus MPC verkauft und hoffen auf eine neue Zukunft.
Der Gesellschafterstreit um die davon zeitweise in ihrer Existenz bedrohte Ferrostaal hat ein überraschendes Ende gefunden. Der frühere Alleineigner MAN kauft die an den arabischen Staatsfonds Ipic veräußerten Anteile am Essener Industriedienstleister zurück und reicht diesen komplett weiter an das Hamburger Handelshaus MPC. Der neue Eigner will die Traditionsfirma, deren Neugeschäft zuletzt schwer ins Stocken geraten ist, wiederbeleben und glaubt dafür die finanziellen Spielräume zu haben. „Wir können auch größere Summen stemmen“, vertraute der geschäftsführende MPC-Gesellschafter Axel Schroeder dem „Handelsblatt“ an. Das gut 5000 Beschäftigte starke Ferrostaal-Personal atmet auf.
„MPC versteht unser Geschäft, wir haben jetzt die Basis für einen Neustart und sehen die Wende positiv“, begrüßte Ferrostaal-Betriebsratschef Jürgen Hahn den neuen Besitzer. Ohne ihn und auf sich allein gestellt, wäre es für Ferrostaal eng geworden. „Wir leben von der Reputation und die hat gelitten“, räumte der Betriebsrat ein. Dafür sorgte neben dem Streit zwischen MAN und Ipic eine Schmiergeldaffäre bei Auslandsgeschäften vor allem mit U-Booten und anderem Kriegsgerät, was Ferrostaal für andere deutsche Konzerne vermittelt und koordiniert hat. Dafür müssen die Essener zur Strafe 150 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen.
Wie sehr Ferrostaal zuletzt gelitten hat, zeigt ein Vergleich der Verkaufspreise. 2009 hat MAN für 450 Millionen Euro 70 Prozent am Unternehmen an Ipic verkauft. Die restlichen 30 Prozent sollten für 250 Millionen Euro folgen. Dazu ist es aber nie gekommen, weil Ipic vom Bekanntwerden des Korruptionsskandals überrascht wurde und sich über den Tisch gezogen wähnte. Der Fonds klagte vor einem Schiedsgericht auf Rückabwicklung des Geschäfts, wozu es jetzt auf Basis eines Vergleichs mit MAN auch kam. Erbittert gestritten wurde zuvor über die Verteilung der Kosten für die Korruptionsaffäre. Summen von über einer halben Milliarde Euro standen im Raum.
Rückkauf durch MAN wird als klassischer Kompromiss gewertet
Jetzt kauft MAN die Ferrostaal-Anteile von Ipic für 350 Millionen Euro zurück. Von MPC erhält die Münchner VW-Tochter für das gesamte Unternehmen dagegen nur 100 bis 160 Millionen Euro, je nach deren künftiger Entwicklung. Vor knapp drei Jahren war für Ferrostaal noch ein Wert von 700 Millionen Euro angesetzt. Unter dem Strich verloren haben also alle Beteiligten, während MPC der Nutznießer sein könnte, wenn Ferrostaal wieder in Gang kommt.
Wenigstens konnten MAN und Ipic ihren Dauerstreit beenden, bevor es für die Essener ganz zu spät war. „Das ist ein klassischer Kompromiss“, wertete ein MAN-Sprecher die Vereinbarung. Ein gutes Geschäft ist der jetzige Verkauf für die Münchner nicht. Viel Geld wurde verschenkt und einiges Ansehen verspielt. Lange hatte die Hängepartie auch die MAN-Übernahme durch VW verzögert. Auch Ipic hat Geld verloren und Ferrostaal nicht wie einmal erhofft zur Entwicklung großer Industrieanlagen in der Ölregion vor der eigenen Haustür nutzen können. Ferrostaal wiederum musste hilflos dem Verfall des eigenen Geschäfts zusehen.
An ein Sparprogramm oder Stellenabbau denkt MPC bei Ferrostaal indessen nicht. „Wir haben keine Pläne für einen Umbau“, versicherte Schroeder. MPC ist ein traditionsreiches Handels- und Emissionshaus, das vor allem auf Schiffsbeteiligungen sowie Immobilien spezialisiert ist und Energie als dritte Säule ausbauen will. Ferrostaal mit Großprojekten in diesem Bereich passt damit zur MPC-Strategie. Die Essener bauen neben großen Öl- und Chemieanlagen auch Solarkraftwerke und sind dabei am Wüstenstromprojekt Desertec beteiligt. Thomas Magenheim