Essen. . Weil Mehrheitseigner IPIC nicht bereit ist, neue Garantien für den Industriedienstleister Ferrostaal abzugeben, schlittert der das Essener Unternehmen noch tiefer in die Krise.
Nach dem Rückzug von Andreas Pohlmann aus dem Amt des Vorstands beim Essener Industriedienstleister Ferrostaal gerät das Unternehmen noch stärker in die Krise. Nach Informationen der WAZ spielt der Ferrostaal-Großaktionär IPIC offenbar weiter auf Zeit. Der Finanzinvestor aus Abu Dhabi habe bisher keine Garantien in Höhe von rund 130 Millionen Euro für neue Projektfinanzierungen gewährt, heißt es aus Unternehmenskreisen.
Ursprünglich hatte IPIC diese Zusage in einem Einigungsgespräch mit dem zweiten Ferrostaal-Aktionär MAN gegeben. Die Garantien sind nötig, damit Ferrostaal neue Bankkredite aufnehmen kann, um Projekte vorzufinanzieren, die erst später einen Verkaufserlös bringen. Ursprünglich hatten Banken von Ferrostaal entsprechende Garantien in Höhe von bis zu 30 Prozent der Kreditsumme gefordert. Im Verlauf der Krise stiegen die Ansprüche der Banken. Zuletzt wollten sie sich rund 50 Prozent der Kredite durch Garantien absichern lassen.
Gemeinsamer Brief an die Banken
Nachdem IPIC bislang keine Garantien gewährt hat, wollen sich die Banken nun bis zu 70 Prozent der Kreditsummen durch hinterlegtes Bargeld oder entsprechende Sicherheiten finanzkräftiger Partner absichern lassen. Für Ferrostaal selbst sind die Forderungen der Banken aufgrund der sinkenden Einnahmen im Verlauf der Krise und hoher Kosten kaum zu erfüllen. Die Rücklagen schmelzen derzeit dahin.
In einem gemeinsamen Brief mit MAN hat die IPIC nun die Banken gebeten, bis zum Jahresende auf die Erhöhung der Garantien zu verzichten. Man sei derzeit dabei, einen neuen Businessplan für Ferrostaal aufzustellen, der das dauerhafte Überleben des Konzerns garantieren soll.
Die arabische IPIC hatte 2008 von MAN einen Anteil von 70 Prozent an Ferrostaal übernommen. Kurz danach war das Unternehmen wegen einer Schmiergeldaffäre in die Krise gerutscht. Mittlerweile hat sich Ferrostaal mit der Staatsanwaltschaft München weitgehend auf eine Strafzahlung von 150 Millionen Euro geeinigt. Im Gegenzug soll die Affäre beendet werden.
Eine einfache Idee
Doch nicht nur die Finanzen bringen Ferrostaal in immer schwierigeres Gewässer. Auch Personalprobleme machen dem Unternehmen zu schaffen. Zunächst hatte Aufsichtsrats-Chef Georg Thoma den alten Ferrostaal-Vorstand Matthias Mitscherlich aus dem Amt gedrängt. Später kam der in der Siemens-Affäre erprobte Andreas Pohlmann als neuer Ferrostaal-Vordenker.
Pohlmann sollte den Konzern korruptionsfrei aufstellen. In der Folge drückte Pohlmann gemeinsam mit seinen Getreuen fast die gesamte erste und zweite Führungsebene des Konzerns aus dem Amt. Die Idee war einfach: Belastete Mitarbeiter sollten gegen saubere ausgetauscht werden und so dem Konzern einen Neustart ermöglichen. Doch anders als bei Siemens hat Ferrostaal kein eigenes Produkt. Sondern größtenteils Vertriebsmitarbeiter, die Projekte anderer Konzerne umsetzen. So wurden etwa U-Boote im Auftrag von Thyssen-Krupp verkauft. Ohne eigenes Produkt verliert ein Handelskonzern aber mit den Mitarbeitern auch seine Kompetenz.
Vorstände scheiden aus
Tatsächlich haben die leitenden Kräfte von Ferrostaal das Unternehmen meist nicht allein verlassen. Etliche nahmen Kunden oder erfahrene Kollegen mit, um eigene Unternehmen zu gründen oder um bei anderen Projektgesellschaften einzusteigen. Selbst Thyssen-Krupp will seine Zusammenarbeit mit Ferrostaal beim Verkauf von Unterseebooten beenden.
Damit nicht genug. Neben Pohlmann hatte vor wenigen Wochen schon Finanzvorstand Peter Sassenfeld seinen Posten niedergelegt. Als nächster Vorstand will Joachim Ludwig zum März aus dem ursprünglich mit vier Managern besetzten Gremium ausscheiden. Allein aber kann Konzernchef Jan Secher das Unternehmen nicht weiterführen. Das verbietet die Ferrostaal-Satzung.
Ferrostaal war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.