Essen. . Evonik-Chef Klaus Engel hat vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost in Zukunft für die Euro-Rettung zu nutzen. Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, begrüßt die Idee.

Dass ein Industrieboss in einer perspektiv- und argumentationsarmen Zeit sich an grundsätzliche, gesellschaftliche Themen heranwagt, ist einfach nur begrüßenswert. Das sollte nicht untergehen. Deshalb eine Antwort auf Dr. Klaus Engel, der mit dem Vorschlag zur Umwidmung des Solidaritätszuschlages für große Aufmerksamkeit sorgte.

Europa auf dem Stier. Zur Zeit ist das ein Schreckensbild. Oben die zarte Idee eines geeinten Kontinents und solidarischer Völker. Unten die Testosteronbombe der Finanzmärkte, bereit, sich mit ihrer Beute ins Meer zu stürzen. Die Vergangenheit war düster. Dann kam die EU und wurde die größte Erfolgsstory der Weltgeschichte. Und nun wieder Zerrüttung, Zerfall, wohin man sieht.

Engels Herz schlägt für TANIA

Ab da gibt es einen Engel. Ich rede nicht von Angela. Ich rede von Dr. Klaus Engel, dem Vorstandsvorsitzenden der EVONIK Industries. – Er macht uns ein Geständnis: Er hält es nicht mit TINA: There is No Alternative. Sein Herz schlägt für TANIA: There Are New Innovative Alternatives.

Man hebt die Lauscher. Wie soll das gehen? Was hat er uns zu sagen? - Klaus Engel macht einen Vorschlag, und der hat es in sich: „Hört her!“, sagt er, „Wir widmen den alten Ost-Soli um - zu einem neuen Euro-Soli.“

Umwidmung bringt viele Vorteile

Nach der ersten Überraschung dämmern die Vorteile:

•Der Euro-Soli bringt Geld in die klamme Kasse. Er ist ein Marshall-Plan, ein neues „ERP“ (European Recovery Program) und finanziert Kredite und Bürgschaften.

•Er gibt den Bürgern - und diese geben - ein klares Signal: Unsere Heimat ist Europa. Wir wollen es. Wir stehen dazu, treu wie ein Schalke-Fan, durch dick und dünn.

•Wir machen den notleidenden Nachbarn nicht nieder nach dem Motto: Spar dich erst mal kaputt. Dann geht es nur noch aufwärts.

•Wir versteigern unseren Kontinent nicht an den Meistbietenden oder verwetten ihn auf Leerverkäufe.

•Wir verzichten auf das „Kauderwelsch“, nach dem Europa deutsch redet, sondern sind verlässliche Freunde. Nicht mehr und nicht weniger.

•Und wir Deutschen bedanken uns damit für die Wiedervereinigung, die ohne das Vertrauen und die Solidarität der Nachbarn nicht gelungen wäre.

Perspektivwechsel als Lösung für Probleme

Klaus Engel ist kein Romantiker. Er kann rechnen, aber mehr noch: Er weiß: Die meisten Probleme sind in unserem Kopf. Da hilft nur ein Perspektivwechsel, ein neuer Blick auf die alten Dinge. Der blättert die Schuppen von den Augen. Der machte vor 66 Jahren aus ein paar alten Männern wie de Gasperi, Schuman und Adenauer die Modernen von Übermorgen. Er macht auch heute aus lähmenden Ohnmachtsgefühlen das „Yes, we can!“

TINA hat viele Freier. Sie ist die Göttin aller Denkblockaden. TANIA schmeißt sich nicht ran, aber dann ist sie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Dass gerade wir im Ruhrgebiet aufmerksam werden, wenn das Thema Solidaritätszuschlag nicht mehr taub ist, versteht sich von selbst, wenn man weiß, dass die meisten schwer gebeutelten Kommunen Schulden machen müssen, um Schulden zu bezahlen.