Essen. . Evonik-Chef Klaus Engel regt an, den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost künftig zur Euro-Rettung einzusetzen. Mittlerweile nehme die Bundesregierung mit dem bisherigen Solidaritätszuschlag viel mehr Geld ein, als sie für den Aufbau Ost verwenden könne, argumentierte Engel.

Evonik-Chef Klaus Engel schaltet sich in die Euro-Debatte ein. Der Vize-Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Indus­trie (BDI) schlägt vor, den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost umzuwidmen – und zwar „von einem Solidaritätszuschlag für die neuen Bundesländer zu einem Euro-Soli“, sagte Engel bei einer Veranstaltung mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitagabend in Essen.

Engel regte an, die Mittel des Soli anzusparen und dann einzusetzen, falls tatsächlich in den nächsten Jahren ein Teil der deutschen Kredite und Bürgschaften aus den Rettungsschirmen fällig wird. Mittlerweile nehme die Bundesregierung mit dem bisherigen Solidaritätszuschlag viel mehr Geld ein, als sie für den Aufbau Ost verwenden könne, argumentierte Engel.

Eine Stimme mit Gewicht

Allein in den Jahren 2011 bis 2015 wachse die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben für den Aufbau Ost auf insgesamt 36 Milliarden Euro. Jährlich nehme der Finanzminister elf bis 13 Milliarden Euro über den Soli ein. Da die Auszahlungen für Aufbau-Ost-Projekte sowieso rückläufig seien, sollte der Solidarpakt II bereits heute und nicht erst 2019 auslaufen, forderte der Evonik-Chef.

Engels Stimme hat Gewicht. Als Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) und BDI-Vizepräsident gehört der Manager zu den Spitzenvertretern der heimischen Wirtschaft. Die Idee des „Euro-Soli“ begründete Engel auch historisch. Schließlich sei „die deutsche Einheit buchstäblich auch nur für den Preis der europäischen Einigung zu haben“ gewesen.

Ministerpräsidentin Kraft erinnerte mit Blick auf den Soli an ihre Forderung, die finanzielle Förderung in Deutschland solle „nicht nach Himmelsrichtungen erfolgen, sondern nach Bedürftigkeit“. Sie reagierte allerdings skeptisch auf die Idee, einen Euro-Soli einzuführen. Ein solches Vorhaben sei den Bürgern schwer zu vermitteln, sagte Kraft.

Mehr Solidarität für Europa mobilisieren

Engel ließ auch Distanz zu den Steuersenkungsplänen der schwarz-gelben Bundesregierung erkennen. „Müssen Steuergeschenke in Zeiten der Euro-Krise wirklich sein?“, fragte er. Sinnvoller sei es doch, die Steuerdiskussion auch dazu zu nutzen, neue Wege zu gehen, um bei der zunehmend euroskeptischen Bevölkerung mehr Solidarität für Europa zu mobilisieren.

Engel warnte davor, „den südeuropäischen Ländern eine brutale Sparpolitik aufzuzwingen“. Insbesondere in Griechenland müsse verhindert werden, dass „eine Abwärtsspirale von wachsenden Schulden und abgewürgtem Wirtschaftswachstum“ entsteht. Daher sei ein „Marshallplan für Griechenland“ erforderlich, der für Wirtschaftswachstum sorgt, sagte der Evonik-Chef. „Den harten Sparmaßnahmen in Griechenland müssen umfassende Wachstumsimpulse an die Seite gestellt werden, damit die Menschen auch wieder Hoffnung haben und Geld in die maroden Staatskassen kommt.“