Essen. .

Der Chef des Evonik-Konzerns, Klaus Engel, hat vor wachsender Industriefeindlichkeit gewarnt. Er sieht vor allem die Planungssicherheit für den Bau von Steinkohlekraftwerken nicht mehr gegeben. Eine Beteiligung der Linken an der nächsten Landesregierung „wäre für den Industriestandort NRW schlimm“.

Klaus Engel, Chef des Chemie- und Energiekonzerns Evonik, hat vor dem Hintergrund zunehmender Proteste gegen Industrieprojekte „dringend einen neuen sachlichen Dialog“ von Politik und Wirtschaft angemahnt.

„Industrieproduktion und Innovation sind die unverzichtbare Basis unserer Wohlstands. Aber wir selbst leisten uns den Luxus, einen Kugelhagel der Skepsis und Kritik gegen nahezu jedes neue Infrastruktur- und Industrieprojekt abzufeuern“, sagte Engel.

Der Vorstandsvorsitzende des Essener Konzerns forderte die Industrie auf, sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen. „Aber umgekehrt muss auch die Gesellschaft eine Verantwortung für die Sicherung ihrer eigenen wirtschaftlichen Basis übernehmen.“ Engel kündigte an, sich künftig stärker bei diesem Thema engagieren zu wollen. Die Landesregierung in NRW habe in dieser Hinsicht „einen guten Job gemacht. Ich finde es auch gut, dass sie sich positiv zu der CO-Pipeline und dem Kraftwerk Datteln geäußert hat“. Zur bevorstehenden Landtagswahl sagte er DerWesten: „Ich mache mir große Sorgen, wenn ich mir vorstelle, dass die Linken an der Landesregierung beteiligt würden. Das wäre für den Industriestandort NRW schlimm.“ Engel: „Die Bankenkrise kostet uns Milliarden, Industriefeindlichkeit die Zukunft.“

Planungssicherheit für Steinkohlekraftwerke nicht mehr gegeben

Was die eigene, vor zwei Jahren auf Eis gelegte Planung für ein Steinkohlekraftwerk in Herne angeht, sagte Engel vor dem Hintergrund der Klagen gegen das Eon-Kraftwerk in Datteln: „Die Planungssicherheit für den Bau von Steinkohlekraftwerken in Deutschland ist nicht mehr gegeben. Ich würde das gerne machen, es hängt aber nicht an uns.“ Wenn Steag in Deutschland keine Kraftwerke bauen könne, „müssen wir es eben im Ausland machen.“

Er gehe davon aus, dass die Kohle auch „in den kommenden Jahrzehnten die Energieversorgung der Welt dominieren“ werde. Deshalb sehe er für die Tochter Steag, den Kraftwerksbauer, international sehr gute Chancen. Evonik will Steag künftig mit Partnern betreiben und sucht Investoren. Die Mehrheit an Steag wolle Evonik behalten. Das Zusammengehen der Immobilienunternehmen von Evonik und THS, die je zur Hälfte der IG BCE und den Essenern gehört, soll in zwei Jahren abgeschlossen sein. Engel sicherte eine Vereinbarung zu, die die Rechte der Mieter der 130 000 Wohnungen garantiere. Mittelfristig soll der drittgrößte deutsche Immobilienkonzern an die Börse gehen.

Evonik will einen Blick auf Cognis werfen

Sowohl Immobilien als auch Steag will Evonik künftig als selbstständige Beteiligungen führen und gleichzeitig die Spezialchemie zum Kern des Unternehmens machen. Evonik werde bei möglichen Zusammenschlüssen auf dem zersplitterten Weltmarkt eine „aktive Rolle“ spielen. Man werde sich auch das Monheimer Spezialchemieunternehmen Cognis anschauen, das an die Börse gehen soll. „Ob das passen könnte, gehört zu Routineüberlegungen.“

Was die Unternehmenszahlen für 2009 angeht, kann Engel auf eine regelrechte Aufholjagd verweisen. Das operative Ergebnis vor Abzug der Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist im letzten Vierteljahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 60 Prozent auf 557 Millionen Euro in die Höhe geschnellt. Hier zahle sich das Sparprogramm aus, das statt geplanter 300 Millionen 500 Millionen Euro erreicht habe. Ein Viertel dieser Summe reduziere die Kosten dauerhaft. Ab 2012 sollen die Kosten um eine halbe Milliarde Euro gesunken sein. Der Konzernchef lobte in diesem Zusammenhang die Mitbestimmung als „Erfolgsfaktor“.

Nicht ohne Stolz verwies Engel auf die Ergebnisse der Chemiesparte, die im Vergleich mit den Wettbewerbern eine Spitzenposition erreicht habe. Das Ebitda sei trotz Krise und Umsatzeinbrüchen lediglich um ein Prozent gesunken. Die Chemiekonzerne BASF (-14 Prozent), Bayer Material Science (-59) und Lanxess (-35,6) schnitten schlechter ab. Evonik zahlt 320 Millionen Euro Dividende aus dem Jahresergebnis von 700 Millionen Euro an die Großaktionäre RAG-Stiftung und CVC.

Evonik sei gut in das Jahr 2010 gestartet, das Ebitda werde mindestens das des Vorjahres erreichen.