Bochum. Der britische Ölmulti BP will rund 600 Arbeitsplätze in Deutschland streichen. Unter anderem sollen von den derzeit rund 1200 Arbeitsplätzen in Bochum 200 Stellen nach Budapest verlagert werden. In Gelsenkirchen werden 340 Jobs wegfallen. BP-Manager Uwe Franke verteidigt das Vorgehen.

Als Chef der Deutschen BP gehört Uwe Franke zu den wichtigsten Energiemanagern in Deutschland. Sein Büro hat Franke in Bochum. Hier befindet sich die deutsche BP-Hauptverwaltung mit ihren derzeit rund 1200 Beschäftigten. In Bochum wird auch das Geschäft der BP-Tankstellenkette gesteuert.

Herr Franke, BP errichtet in Budapest ein neues europäisches Dienstleistungszentrum. Wie stark leidet darunter die deutsche Hauptverwaltung in Bochum?

Franke: Wir werden ab dem nächsten Jahr 260 Stellen von Deutschland nach Budapest verlagern. In Bochum betrifft das rund 200, in Hamburg 50 und in Mönchengladbach zehn Arbeitsplätze. Uns fällt dieser Schritt nicht leicht, aber er ist notwendig.

Wird es betriebsbedingte Kündigungen geben?

Franke: Wir sprechen gerade mit dem Betriebsrat darüber, wie die Stellenstreichungen möglichst sozialverträglich ablaufen können. Gemeinsam versuchen wir alles, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, aber noch können wir sie nicht garantieren.

Warum trifft es schon wieder Bochum? Der finnische Nokia-Konzern hat Arbeitsplätze von Bochum nach Rumänien verlagert. BP streicht Jobs und baut sie in Ungarn wieder auf. Sind die Arbeitnehmer in Osteuropa besser oder billiger?

Franke: Der treibende Faktor sind allein die Kosten. Glauben Sie mir: Wir sind in diesem schwierigen Prozess selbst unsere größten Kritiker. Wir überprüfen sehr genau, ob die Beschäftigten in Ungarn ihren Job so gut erledigen wie unsere Mitarbeiter in Deutschland. Die Beschäftigten, die wir in Budapest neu einstellen, werden intensiv geschult. Und wir sind sehr beeindruckt von ihrer Leistungsfähigkeit, auch wenn ihnen noch Erfahrung fehlt.

"Deutschland bleibt für BP der wichtigste Standort in Europa"

BP könnte ja auch auf einen Standort in Europas größter Volkswirtschaft setzen?

Franke: Deutschland ist und bleibt für BP mit Sicherheit der wichtigste Standort in Europa. Und der Standort Bochum wird mit künftig rund 1000 Beschäftigten weiterhin eine zentrale Rolle für BP spielen.

Sie machen Gewinne, trotzdem streichen Sie Arbeitsplätze. Ist das Renditehunger?

Franke: Richtig ist: Wir erwarten trotz der Wirtschaftskrise in diesem Jahr schwarze Zahlen. Aber ein kluges Management schaut nach vorne. Derjenige, der in guten Jahren mit Kostendisziplin wartet, bis er in den roten Zahlen ist, gehört gefeuert.

Ihre wichtigste deutsche Raffinerie befindet sich in Gelsenkirchen. Kann man hier im Wettbewerb mit Werken in Nahost und Asien zu konkurrenzfähigen Preisen Benzin und Diesel herstellen?

Franke: Die Situation der deutschen Raffinerien ist sehr schwierig. Durch die Wirtschaftskrise schrumpft der Absatz, langfristig nimmt der Verbrauch von Ölprodukten ab. Für 2009 erwarten wir sogar einen leichten Verlust im Raffineriegeschäft. Auch deshalb müssen wir 340 von bislang 2060 Arbeitsplätzen in Gelsenkirchen abbauen. Dies tun wir bereits sozialverträglich und einvernehmlich mit dem Betriebsrat. Wir setzen weiterhin auf den Standort Gelsenkirchen, in den wir über Jahre viel investiert haben.

"Der Wettbewerb war schon vor der Krise scharf"

Ist es schwieriger, in der Wirtschaftskrise die Benzinpreise zu erhöhen?

Franke: Der Wettbewerb auf dem deutschen Tankstellenmarkt war schon vor der Krise scharf. Das lässt sich auch an den Preisen ablesen. Am deutlichsten wird es, wenn man die staatlich bedingten Kosten wie etwa Steuern vom Benzinpreis abzieht: Dann würden die Kunden derzeit gerade mal 45 Cent für den Liter Super zahlen. Verglichen mit Milch oder Cola ist das für Energie sehr günstig. Ohne die Steuerbelastung würden die deutschen Benzinpreise im europäischen Vergleich im letzten Fünftel liegen.

Sie sagen, es gibt zu viele Tankstellen in Deutschland. Warum eigentlich? Die Kunden profitieren doch schließlich von mehr Konkurrenz.

Franke: Selbst das Kartellamt wird nicht bestreiten können, dass es einen sehr ausgeprägten Wettbewerb auf dem deutschen Tankstellenmarkt gibt. Es gibt so viele Tankstellen, dass sich notwendige Preiserhöhungen nicht komplett durchsetzen lassen.

Haben Sie sich als Kunde auch schon mal an der Tankstelle geärgert?

Franke: Das kam vor. Aber dann ging es vor allem um Service, der zu wünschen übrig ließ.