Berlin. . In Brüssel wird bereits über Möglichkeiten diskutiert, den Rettungsschirm für schuldengeplagte Länder durch Finanzmarktgeschäfte zu vervielfältigen. Ein solcher „Hebel“ ist höchst umstritten, doch wie funktioniert er überhaupt?

Sollten auch Italien und Spanien in Schwierigkeiten geraten, stößt auch der aufgestockte Euro-Rettungsfonds (ESFS) an seine Grenzen. Deshalb wird in Brüssel bereits über Möglichkeiten diskutiert, ihn durch Finanzmarktgeschäfte zu vervielfältigen. Ein solcher „Hebel“ ist höchst umstritten, doch wie funktioniert er überhaupt?

Für Hilfen an überschuldete Staaten stehen 750 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon kann der EFSF 440 Milliarden tatsächlich einsetzen, die übrigen Zusagen dienen als Sicherheit. Dass die Euro-Mitglieder den Fonds im Bedarfsfall mit weiterem Kapital ausstatten, gilt als unwahrscheinlich, weil wieder alle nationalen Parlamente zustimmen müssten. Deshalb hat ein Begriff derzeit Hochkonjunktur: der Hebel. Darunter ist grundsätzlich zu verstehen, dass der EFSF mittels Finanzgeschäften aus einem Euro beispielsweise fünf Euro macht. Damit stiegen die Summen, die er zur Stützung von Staaten einsetzen kann, theoretisch auf rund zwei Billionen Euro.

Ökonomisch gefährlich

Der EFSF könnte sich Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen. Er würde dort von ihm erworbene Staatsanleihen hinterlegen und auf Basis dieser Sicherheit ein Vielfaches von der EZB als Kredit erhalten. Dieses geliehene Geld verleiht der Fonds dann weiter an verschuldete Regierungen, um sie über Wasser zu halten. Dieser geheimnisvolle Mechanismus des Füllhorns basiert darauf, dass die EZB als Notenbank neues Geld herausgeben kann.

Die Deutsche Bundesbank, die Teil des Euro-Systems ist, warnt laut: Erstens verbiete der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Staatsverschuldung mit Hilfe der Notenbank zu finanzieren. Zweitens sei dieses Verfahren ökonomisch gefährlich, weil es schließlich zu Inflation führe und die Stabilität des Euro unterminiere. Und drittens sei es höchst undemokratisch, weil die Politiker mittels der Notenbank-Finanzierung die Parlamente umgehen.

Aus wenig mach viel

Doch es gibt auch Alternativen: Wenn private Investoren künftig Anleihen Griechenlands oder anderer verschuldeter Staaten kaufen, könnte der EFSF beispielsweise 20 Prozent von deren Wert garantieren. Mit zunächst relativ wenig EFSF-Geld ließen sich damit große Anleihemengen absichern. Auch hier wirkte wieder das Hebel-Prinzip – aus wenig mach viel. Fallen diese Staatsanleihen später aber aus, muss der Fonds zahlen. Die Risiken für die Steuerzahler auch in Deutschland wären enorm.

Die Bundesbank hält daher nur einen Weg für gangbar. Der EFSF könne einen Teil seines Sicherheitskapitals umwidmen und für konkrete Hilfe einsetzen. Diese Variante hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann unlängst bei der Anhörung im Bundestag angesprochen. Statt 440 Milliarden Euro stünden dann rund 560 Milliarden zur Verfügung. Nachteil: Wahrscheinlich würden die Rating-Agenturen die Bonität des Fonds herabstufen, weshalb er selbst Geldgebern höhere Zinsen zahlen müsste. Diese Kosten hätten aber einen heilsamen Effekt: Sie würden die Regierungen, die den Fonds tragen, disziplinieren.(we)