Essen. . Deutsche Rüstungsfirmen bauen ihren Anteil am Weltmarkt aus. In den letzten fünf Jahren haben sie ihren Weltmarktanteil von sieben auf elf Prozent gesteigert: Platz drei weltweit. Die Politik gibt Rückendeckung – es geht um Arbeitsplätze.
Waffen „made in Germany“ sind weltweit beliebt: Kampfpanzer, U-Boote, Maschinenpistolen, das Sturmgewehr G3. In den letzten fünf Jahren haben deutsche Rüstungsexporteure ihren Weltmarktanteil von sieben auf elf Prozent gesteigert. Platz drei. Nur die USA (30 Prozent) und Russland (23 Prozent) haben nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI zwischen 2006 und 2010 mehr Waffen geliefert.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Zahlen des SIPRI immer wieder als „nicht zutreffend“ bezeichnet. Doch auch das Londoner Institut for Strategic Studies setzt Deutschland weltweit auf Platz drei der Waffenlieferanten. Laut Exportbericht der Bundesregierung genehmigte Deutschland 2009 die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 7,04 Milliarden Euro. Und die Geschäfte gehen weiter: Allein der umstrittene Panzer-Deal mit Saudi-Arabien soll zwischen 1,7 und zwei Milliarden Euro einbringen.
Zwei der Top 5 aus NRW
Unter den Top 5 der deutschen Rüstungsfirmen haben zwei ihren Sitz in NRW: Rheinmetall in Düsseldorf und ThyssenKrupp in Essen. Der Großteil des Geldes für die Lieferung von 200 Panzern des Typs „Leopard 2“ nach Saudi-Arabien würde in die Kassen des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann (München) fließen. Aber auch Rheinmetall würde profitieren. Die Düsseldorfer liefern das Kanonenrohr für das 60 Tonnen schwere Kettenfahrzeug.
Für Rheinmetall macht das Rüstungsgeschäft mittlerweile 55 Prozent des Gesamtumsatzes von knapp vier Milliarden Euro aus. An diesem Verhältnis wird sich im laufenden Geschäftsjahr nichts ändern. Für Munition oder gepanzerte Fahrzeuge strebt Konzernchef Klaus Eberhard einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro an. Zuletzt hatte sich das Unternehmen einen Auftrag der Bundeswehr im Wert von 1,3 Milliarden Euro für den Bau des neuen Schützenpanzers „Puma“ gesichert.
Die Lieferung von Schiffen und U-Booten macht fast die Hälfte der deutschen Rüstungsexporte der vergangenen Jahre aus. Vor allem die U-Boote – Langstreckentaucher wegen modernster deutscher Brennstoffzellen-Technik – sind begehrt. Hauptverdiener ist hier ThyssenKrupp. Der Konzern aus Essen betreibt unter dem Namen ThyssenKrupp Marine Systems eine Werftengruppe, zu der die Howaldtswerke Deutsche Werft, Blohm + Voss sowie die schwedische Kockums gehören. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden mit Jachten oder Militärschiffen 1,21 Milliarden Euro umgesetzt. Die Abnehmer sind unter anderem Südafrika, Italien und – Griechenland.
U-Boote für Griechenland
Die Griechen haben zwischen 2006 und 2010 laut SIPRI 15 Prozent aller deutschen Rüstungsgüter gekauft. Aufgrund der Schuldenkrise des Landes sind die Milliarden-Zahlungen für U-Boote zuletzt stark kritisiert worden. Kritik wird von Friedensforschern auch deshalb geübt, weil Deutschland damit zu einem Wettrüsten am Mittelmeer beitrage. Die Türkei – nach wie vor mit Griechenland in Grenzstreitigkeiten – hat zehn Prozent der deutschen Rüstungslieferungen abgenommen.
Mehrheit der Bürger lehnt Panzergeschäft ab
Eine Mehrheit der Deutschen lehnt eine Lieferung von Panzern an Saudi-Arabien ab. 73 Prozent sind gegen ein solches Geschäft, ergab eine Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“. 22 Prozent der 1.001 Befragten befürworten den Deal.
Bei den Grünen-Anhängern ist mit 86 Prozent die Ablehnung am größten. Bei SPD-Wählern sind 77 Prozent gegen eine Lieferung, bei der Linken 76 Prozent. Auch große Teile der Wähler von FDP (69 Prozent) und Union (59 Prozent) lehnen das Rüstungsgeschäft ab. (dapd)
Den Vorwurf, das Wettrüsten zu begünstigen, hat die Opposition der Bundesregierung auch im Zusammenhang mit einem möglichen Großauftrag aus Indien gemacht. 126 Eurofighter vom Typ „Typhoon“ will das Land kaufen, um seine Luftwaffe zu modernisieren. Der größte europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS hofft dabei auf einen Erlös von acht bis elf Milliarden Euro.
Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, dass die Bundesregierung bei einer Genehmigung der Ausfuhr ein Tabu der deutschen Rüstungsexport-Politik breche: Waffen in Krisenregionen zu liefern, in denen sie den Konflikt verschärfen oder aufrechterhalten könnten. Zwischen den benachbarten Atommächten Indien und Pakistan besteht seit Jahren ein Grenzkonflikt um die Region Kaschmir.
SPD und Grüne wettern auch gegen die Panzer-Lieferungen nach Saudi-Arabien. „Politisch und moralisch nicht vertretbar“, nannte sie SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Panzer aus Deutschland könnten zum Einsatz kommen, um Oppositionelle zu unterdrücken.
Waffen-Lieferungen in unsichere Regionen sind dabei keine Erfindung von CDU/CSU und FDP. Auch in der Regierungszeit von Rot-Grün erlaubte Deutschland laut „Spiegel Online“ die Ausfuhr von Raketenteilen, Munition und Gewehren nach Saudi-Arabien. Das Volumen aber war nicht sehr hoch: 60 Millionen Euro im Jahr 2004.
80 000 Stellen
Ein gewichtiger Faktor bei all diesen Geschäften: Jobs. An der Rüstungsindustrie hängen in Deutschland etwa 80 000 Arbeitsplätze. Da die Bundeswehr auf Grund der Strukturreform bis 2015 Milliarden Euro sparen muss und selbst Altbestände verkauft, bricht sie als wesentlicher Auftraggeber weg. Bestellungen aus dem Ausland sollen helfen, Produktionskapazitäten auszulasten und die Jobs zu sichern. Das weiß auch die Politik – und sie gibt Rückendeckung.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) tat dies auf kuriose Weise: Bei einem Staatsbesuch im Februar 2010 hatte er das vor der Pleite stehende Griechenland ermuntert, Eurofighter-Kampfjets bei EADS zu ordern – jedoch nicht ohne nahezu im selben Atemzug Regierungschef Papandreou zu ermahnen, sein Geld beieinander zu halten.