Berlin. . Nach langem Streit haben sich SPD und Koalition auf die Hartz IV-Reform geeinigt. Für Langzeitarbeitslose gibt es etwas mehr Geld. Das Bildungspaket für Kinder steht. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
DerWesten beantwortet die dringendsten Fragen rund um die Reform der Hartz-IV-Regelsätze.
Um wie viel steigt der Regelsatz wirklich?
Es bleibt grundsätzlich bei der ursprünglich angestrebten Erhöhung des Regelsatzes von 359 Euro auf 364 Euro für die rund 4,7 Millionen Hartz-IV-Empfänger. Die Opposition konnte einen weiteren Zuschlag von drei Euro am 1. Januar 2012 durchsetzen. Dieser Betrag soll die Preissteigerungen bei den Lebenshaltungskosten im ersten Halbjahr 2010 abdecken. Dazu erhalten Betroffene im nächsten Jahr noch einen Ausgleich für die Teuerung, die danach zu verzeichnen ist. Die Sätze für Kinder bleiben gleich. Im Alter von weniger als sechs Jahren bekommen sie 215 Euro, bis sie 14 sind 251 Euro und danach 287 Euro. Kinder können sich nicht auf drei Euro mehr im nächsten Jahr freuen. Hier steht nur fest, dass der Preisausgleich, wenn es überhaupt einen gibt, deutlich niedriger ausfallen wird.
Ab wann gilt diese Regel?
Sie gilt rückwirkend zum 1. Januar 2011. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rechnet mit einer Auszahlung des höheren Betrags ab dem 1. April. Für die ersten drei Monate des Jahres erhalten Langzeitarbeitslose einen Nachschlag von 15 Euro.
Was hat die Opposition durch die langen Verhandlungen noch erreicht?
Die Bundesregierung legt auch beim Bildungspaket drauf. 120 Millionen Euro stehen in den nächsten drei Jahren für Sozialarbeiter an Schulen zur Verfügung. Außerdem wurden Mindestlöhne für drei Branchen vereinbart. Bei der Leiharbeit, im Sicherheitsgewerbe und bei Weiterbildungsunternehmen wird eine Lohnuntergrenze eingezogen. Hier hatte sich insbesondere die FDP bisher quer gestellt. Die Mindestlöhne sollen einen Dumpingwettbewerb verhindern, den viele Experten erwarten, wenn im Mai die europäischen Grenzen für Dienstleistungen fallen.
Wie hoch sind die Mindestlöhne?
Bei den Leiharbeitern beträgt der Mindestlohn, den Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften ausgehandelt haben, bei 7,59 Euro pro Stunde im Westen und 6,89 Euro in den neuen Ländern. Hier würden trickreiche Abweichungen von der Untergrenze unterbunden. Die Arbeitgeber der Branche sehen die Einigung weniger klar. Es sei weiter offen, wie hoch der Mindestlohn tatsächlich sein wird, kritisiert der Bundesverband Zeitarbeit. Im Wach- und Weiterbildungsgewerbe legen die Tarifparteien einen Mindestlohn fest, der gesetzlich verankert wird. Nach wie viel Monaten Leiharbeiter und Stammbelegschaften gleich bezahlt werden müssen, bleibt offen. Können die Tarifparteien sich darüber innerhalb eines Jahres nicht einigen, will die Bundesregierung aktiv werden.
Wie geht es mit dem Bildungspaket weiter?
Auch die Leistungen für Kinder werden, wenn Ausgaben dafür belegt werden, rückwirkend ausgezahlt. Das Paket sieht monatlich zehn Euro für Sportverein oder Musikunterricht vor. Zuschüsse gibt es auch für Schulausflüge. Außerdem bezahlen die Ämter ein Starterpaket für Hefte und Stifte von 100 Euro im Jahr, Nachhilfe bei Bedarf und zwei Euro Zuschuss zum Mittagessen.
Warum konnten sich Bund und Länder plötzlich doch so schnell einigen?
Dafür gibt es zwei Gründe. So ist der öffentliche Druck angesichts des Kleinkriegs um ein paar Euro mehr vor dem Hintergrund der Milliardenhilfen für Banken immer größer geworden. Zudem haben die Länder handfeste Eigeninteressen an einer Lösung. Denn der Bund versüßt den Kommunen den Kompromiss mit Milliarden Euro. Künftig bezahlen nicht mehr die Städte, sondern die Bundesregierung die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter. Das sind allein bis 2014 etwa zwölf Milliarden Euro. Da die Altersarmut zunimmt, werden diese Ausgaben weiter steigen.
Ist der Kompromiss ein Erfolg?
Darüber gehen die Meinungen auseinander. Kritik setzt es von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Der DGB kritisiert: Das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt weiterhin nicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die Anhebung um fünf Euro für nicht ausreichend.