Duisburg. Thyssenkrupp: Kaufinteressent für HKM bricht Gespräche ab. Standort mit 3000 Jobs droht Schließung, wenn sich kein Investor findet.

Die Hoffnungen auf eine Rettung der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) durch einen Einstieg des Hamburger Investors CE Capital haben sich zerschlagen. Der Kaufinteressent habe die Gespräche über einen Erwerb der HKM abgebrochen, erklärte Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel gegenüber unserer Redaktion. „Wir bedauern diese Entwicklung außerordentlich. Es war und ist unser vorrangiges Ziel, die Unternehmensanteile an der HKM zu verkaufen, um dem Unternehmen und seinen Beschäftigten eine Zukunftsperspektive zu geben“, so Thyssenkrupp Steel. „Selbstverständlich bleiben wir gesprächsbereit und auch offen für weitere Kaufinteressenten.“

Das Unternehmen werde nun zeitnah mit den weiteren HKM-Mitgesellschaftern die Situation nach Abbruch der Gespräche durch CE Capital Partners bewerten, heißt es in einem Statement des Unternehmens. Neben Thyssenkrupp sind auch der niedersächsische Stahlkonzern Salzgitter und der französische Rohrhersteller Vallourec an HKM beteiligt. Thyssenkrupp Steel gehört die Hälfte von HKM, Salzgitter verfügt über 30 Prozent, Vallourec über 20 Prozent. Das Thyssenkrupp-Management hatte erklärt, HKM schließen zu wollen, falls sich kein Käufer für den Duisburger Stahlstandort mit seinen rund 3000 Beschäftigten finde.

Investor hatte sich mit Friedrich Wilhelms-Hütte einen Namen gemacht

Hoffnungen ruhten daher auf der Hamburger Beteiligungsgesellschaft CE Capital Partners (CEC), die vom Unternehmer Nicolas Neumann geführt wird. Das Ziel von CEC war, HKM unabhängig von den bisherigen Eigentümern neu aufzustellen – als eigenständiges Stahlwerk, das seine Brammen selbst vermarktet. Das wäre einmalig in Deutschland. Bisher produzieren nur Konzerne Stahl, die ihn zum größten Teil auch selbst weiterverarbeiten. In der deutschen Stahlbranche ist CEC durch die Übernahme der Mülheimer Friedrich Wilhelms-Hütte im Jahr 2021 aufgefallen. CEC brachte die Stahlgießerei wieder auf Kurs und gab ein Jahr später die Mehrheit an den Rüstungskonzern Krauss-Maffei-Wegmann weiter, der seitdem Panzerstahl in Mülheim gießen lässt.

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#6 Grüner Stahl bei Thyssenkrupp: Zukunft oder Milliardengrab?

Am Abgrund – Die Thyssenkrupp-Story

Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel hatte Ende vergangenen Jahres angekündigt, die eigenen Produktionskapazitäten von 11,5 auf ein Zielniveau von 8,7 bis 9 Millionen Tonnen senken zu wollen. Ein wichtiges Element dabei ist die Trennung von HKM. Die Hütte im Duisburger Süden betreibt derzeit zwei Hochöfen und eine Kokerei. Einer der beiden Hochöfen kann wohl voraussichtlich noch bis ins Jahr 2028 laufen, der zweite bis etwa 2032 oder 2033. Daher stehen beträchtliche Investitionen an, um den Stahlstandort für eine klimafreundliche Produktion zu ertüchtigen. Für den Fall, dass ein Investor einsteigt, gilt der Bau von zwei Elektrolichtbogenöfen als mögliches Konzept – eine millionenschwere Investition.

IG Metall zu HKM: „Wir kämpfen weiter für einen Erhalt der HKM“

„Wir haben eine neue Lage bei HKM. Der Investor, mit dem es bisher Gespräche gab, kommt nicht mehr infrage“, sagte der Chef der IG Metall in NRW, Knut Giesler, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Klar war immer: Die Voraussetzung für die Übernahme von HKM durch einen Investor ist ein schlüssiges Finanzkonzept. Das liefert der Investor aber nicht.“

Ein möglicher Einstieg von CEC bei HKM sei an der Finanzierung gescheitert, ist auch im Umfeld der betroffenen Unternehmen zu hören. CE Capital sollte demnach rund 200 Millionen Euro mitbringen, sei dazu aber nicht bereit gewesen. Eine vage Zusage des Investors, im Falle einer finanziellen Schieflage von HKM Kapital nachlegen zu wollen, habe nicht genug Sicherheit geboten. 

Giesler: „Wir haben verschiedene Adressen im Blick“

„So, wie sich der Investor die Finanzierung vorgestellt hat, geht es nicht“, sagte Giesler. „Die gute Nachricht ist: Es gibt einen schlüssigen Business-Plan für HKM. Der Markt für HKM ist da, die Hütte hat die erforderliche Leistungsfähigkeit.“ Giesler, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp Steel ist, betonte: „Ich habe die Hoffnung, dass wir noch einen Investor finden. Wir haben verschiedene Adressen im Blick.“ Mit zwei möglichen Investoren gebe es Gespräche.

Zwei Hochöfen, eine Kokerei, ein Kraftwerk: Mit rund 3000 Beschäftigten sind die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden einer der großen industriellen Standorte in NRW.
Zwei Hochöfen, eine Kokerei, ein Kraftwerk: Mit rund 3000 Beschäftigten sind die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden einer der großen industriellen Standorte in NRW. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Wir kämpfen weiter für einen Erhalt der HKM. Es geht um mehr als 3000 Arbeitsplätze und eines der größten deutschen Hüttenwerke“, sagte Giesler. „Es geht um viel. Alle Beteiligten müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein.“

Eine sogenannte „Fair-Owner-Vereinbarung“ ist nach Einschätzung der IG Metall nach wie vor eine unabdingbare Voraussetzung für einen Verkauf. „Darüber wird mit jedem potenziellen Investor zu sprechen sein. Wir wollen möglichst viel Sicherheit für die Beschäftigten – die Perspektive muss weit über die nächsten fünf Jahre hinaus reichen“, so der Arbeitnehmervertreter.

„Der Aufbau einer klimafreundlicheren Produktion kostet Geld“, sagte Giesler. „Dafür sind Investitionszusagen notwendig.“ Es müsse klar sein, „dass ein künftiger Eigentümer der HKM auch selbst Geld in die Hand nimmt“, betonte er. „Alle Beteiligten – Thyssenkrupp, Salzgitter, Vallourec und natürlich auch der Investor – müssen ihren Beitrag leisten, damit eine Transaktion gelingt.“

Chefin der NRW-SPD bringt Staatseinstieg bei HKM ins Gespräch

„Natürlich ist das ein Schlag, wenn der Investor jetzt einen Rückzieher macht“, sagte HKM-Betriebsratschef Marco Gasse. „In der Belegschaft ist die Verunsicherung ohnehin groß.“ Für den kommenden Montag (24. Februar) hat der Betriebsrat kurzfristig zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Dort werde sich auch die Geschäftsführung den Fragen der Beschäftigten stellen, heißt es in einem Flugblatt der IG Metall.

Die Chefin der NRW-SPD, Sarah Philipp, fordert, notfalls müsse der Staat bei HKM einsteigen. „Sollte der Investorenprozess bei HKM ins Stocken geraten, muss auch hier die Option eines temporären Staatseinstiegs auf den Tisch, damit das Unternehmen neues Kapital erhält“, so Philipp. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“

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