Brüssel:. Der US-Präsident hat Sonderzölle auf Stahl und Aluminium angeordnet und droht mit Zöllen auf Autos. Für Verbraucher kann es teuer werden.

Europa und die USA steuern mit voller Kraft auf einen Handelskrieg zu: US-Präsident Donald Trump brachte in der Nacht zu Dienstag (MEZ) die angekündigten Zölle auf Einfuhren von Stahl und Aluminium auf den Weg, die auch die deutsche Industrie treffen.

Die EU reagiert mit der Androhung von Gegenmaßnahmen, Strafzölle auf US-Produkte wie Whiskey oder Motorräder sind vorbereitet und können kurzfristig aktiviert werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bedauerte Trumps Entscheidung „zutiefst“ und sagte: „Ungerechtfertigte Zölle gegen die EU werden nicht unbeantwortet bleiben - sie werden entschlossene und verhältnismäßige Gegenmaßnahmen auslösen“. Zölle seien „schlecht für die Wirtschaft, schlimmer für die Verbraucher“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte eine Reaktion der EU an.

„Wir können in einer Stunde handeln.“

Olaf Scholz
Bundeskanzler

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte zwar die Hoffnung, dass „uns der Irrweg von Zöllen und Gegenzöllen erspart bleibt“. Er betonte aber im Bundestag: „Wenn uns die USA keine andere Wahl lassen, dann wird die Europäische Union geschlossen darauf reagieren.“ Scholz sagte: „Wir können in einer Stunde handeln“.

Stahlwerk in Salzgitter
Ein Arbeiter reinigt in einem Stahlwerk die Abstichrinne am Hochofen. Die deutsche Stahlindustrie ist besorgt, dass die von US-Präsident Donald Trump angeordneten Zölle auf alle Stahl-und Aluminiumimporte die Branche in Deutschland weiter unter Druck setzt. © DPA Images | Hauke-Christian Dittrich

Trump hatte zuvor zwei Anordnungen unterzeichnet, mit der auf alle Einfuhren von Stahl und Aluminium in die USA ab 4. März ein Zoll von 25 Prozent erhoben werden soll – Ausnahmeregeln für einzelne Länder sollen ab 12. März nicht mehr gelten.  „Das ist eine große Sache. Amerika wird damit wieder reich“, sagte Trump.

Den Schritt hatte der Präsident schon am Wochenende während eines Fluges zum Super-Bowl angekündigt, doch nach der Rückkehr ins Weiße Haus legte er noch eins drauf: Der Republikaner stellte weitere Zölle in Aussicht, etwa auf Autos, Computer-Chips und Pharmazeutika. „Das wird großartig für unser Land“, sagte Trump.

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Trumps Strafzölle: Deutsche Autohersteller sind besorgt

Details nannte er dazu nicht, aber mit dieser weiteren Zollrunde könnte die US-Regierung europäische Staaten womöglich gezielt noch härter treffen: In Deutschland hätte die wichtige Autoindustrie empfindliche Einbußen zu befürchten, ihr Verband VDA nennt die Ankündigung deshalb „besorgniserregend“. Dänemark, das mit Trump wegen dessen Ansprüchen auf die Arktisinsel Grönland im Streit liegt, würde von Zöllen auf Arzneimittel erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden.

Die für die europäische Handelspolitik zuständige EU-Kommission bereitet sich seit Monaten auf die neue US-Zölle vor. Die EU werde ihre wirtschaftlichen Interessen wahren und Arbeitnehmer, Unternehmen und Verbraucher schützen, sagt von der Leyen. Ausgearbeitet sind mehrere Listen für verschiedene Szenarien, die sehr kurzfristig aktiviert werden könnten, erklären beteiligte Beamte.

Die Details sind eigentlich geheim, doch berichten Eingeweihte aus der Kommission in Brüssel, dass die Vergeltungszölle eine ähnliche Produktpalette treffen könnten wie beim Zollkonflikt 2018. Die EU würde demnach jetzt Strafzölle unter anderem auf Bourbon-Whiskey, Motorräder, Jeans, Erdnussbutter, Orangensaft oder Motorboote erheben – der Aufschlag könnte diesmal aber bis zu 50 Prozent betragen, würde diese US-Waren für europäische Verbraucher also enorm verteuern.

US-Präsident Trump zu Stahlimporten
US-Präsident Donald Trump spricht im Oval Office im Weißen Haus mit Reportern, während er eine Durchführungsverordnung zu Stahlimporten unterzeichnet. © DPA Images | Alex Brandon

Gegenzölle würden Wahlkreise von einflussreichen Republikanern treffen

Um solche US-Importgüter ging es schon vor sieben Jahren, als die EU auf die Entscheidung Trumps in seiner ersten Amtszeit reagierte, Sonderzölle auf europäische Stahl- und Aluminiumimporte zu erheben. Der Gesamtwert blieb mit drei Milliarden Dollar überschaubar, die Wirkung der Nadelstiche war aber deutlich: Denn die US-Produkte wurden von der EU auch so ausgewählt, dass Unternehmen in den Wahlkreisen einflussreicher republikanischer Abgeordneter besonders getroffen würden.

Sie machten dann wie erwartet Druck auf Trump, später einigten sich Washington und Brüssel auf eine Art Stillhalteabkommen, das die Wirkung der Zölle für vereinbarte Kontingente milderte, doch das Exportvolumen sank deutlich. Dieses Abkommen läuft aber Ende März aus – die EU-Kommission und die US-Regierung schafften es während der Präsidentschaft von Joe Biden nicht, sich auf ein dauerhafte Vereinbarung zu verständigen.

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Handelskrieg: Deutsche Industrie warnt vor Wohlstandsverlust

Laut Branchenverband Wirtschaftsvereinigung Stahl sind die USA der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie, 2023 verkaufte sie vier Millionen Tonnen in den Vereinigten Staaten.  Deutschland, der größte Stahlproduzent in der Union und weltweit auf Platz sieben, exportiert jährlich rund eine Million Tonnen in die USA. Doch Hauptlieferanten für die USA sind Kanada, Brasilien und Mexiko.

Die Befürchtung in Deutschland ist nun auch, dass Hersteller in diesen Staaten, zudem in China oder der Türkei, versuchen werden, ihre Absatzeinbußen in den USA durch eine „Stahlschwemme“ in Europa auszugleichen. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt vor  „Umleitungseffekten“ und fordert die Anpassung europäischer Schutzmaßnahmen für den unter Druck stehenden Stahlsektor, um die Importe nicht weiter wachsen zu lassen.   

Informeller EU-Gipfel zum Thema Verteidigung
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, droht den USA wegen der Stahl-Zölle mit Gegenmaßnahmen. © DPA Images | Omar Havana

Deutsche Industrie dringt auf Verhandlungen

Noch hofft die deutsche Wirtschaft, dass ein umfassender Handelskrieg vermieden werden kann. Der Industrieverband BDI fordert jetzt Verhandlungen statt hektischer Gegenreaktionen – schließlich sind die USA für die deutsche Exportwirtschaft der wichtigste Absatzmarkt, entsprechend ist groß ist die Angst vor einer Eskalation. „Der Aufbau von Zöllen im transatlantischen Handel gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch unseren Wohlstand“, sagt BDI-Geschäftsführer Wolfgang Niedermark.

Diskutiert werden in Brüssel mögliche Zusagen Europas, von den USA mehr Rüstungsgüter oder Flüssiggas zu kaufen. Anfang Februar konnten Mexiko und Kanada einen von Trump in die Wege geleiteten Handelskrieg mit Zugeständnissen bei der Grenzsicherung vorläufig abwenden, wenige Stunden vor Inkrafttreten von Strafzöllen.

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Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), schlägt zudem vor, die geltenden Importzölle für US-Autos als Entgegenkommen zu senken. Sollten die Gespräche scheitern, könne die EU aber auch mit einem eigens für Handelskonflikte geschaffenen Instrument US-Technologie- und Finanzunternehmen ins Visier nehmen, droht Lange.

Von der Leyen sagt, die EU werde ihre wirtschaftlichen Interessen wahren und Arbeitnehmer, Unternehmen und Verbraucher schützen. Donald Trump gibt sich allerdings unbeeindruckt. Auf Journalisten-Fragen, ob er nicht Vergeltungsmaßnahmen anderer Staaten erwarte, sagte der Präsident: „Das macht mir nichts aus.“