Berlin. Die CSU fordert die Mütterrente für alle Eltern gleichzuschalten. Kritik für diesen Vorstoß kommt nicht nur von den anderen Parteien.

Die CSU hat einen ihrer beliebten Wahlkampfschlager wiederentdeckt: Die Mütterrente soll für alle Eltern gleich gestaltet werden. Viele Mitstreiter haben die Bayern dabei noch nicht gefunden. Der Vorschlag schaffte es nicht einmal in das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU. Dabei ist der neuerliche Vorstoß der CSU durchaus berechtigt, schafft er doch gleiche Bedingungen für alle Eltern. Es gibt aber auch gute Gründe, die dagegen sprechen. Doch worum geht es eigentlich genau?

Die Kindererziehung soll sich für Eltern auch bei der späteren Rente auszahlen. Früher rechnete die Rentenversicherung für ein Kind ein Jahr Versicherungszeit zum Durchschnittsentgelt aller Versicherten an. Das entsprach einem Entgeltpunkt für die spätere Rente. Heute entspricht dies einer Zusatzrente von 39,32 Euro pro Monat. Die erste Verbesserung für Eltern gab es 1992. Für alle ab diesem Jahr geborenen Kindern notierte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bis zu drei Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto, beim heutigen Wert entspricht dies einer zusätzlichen Rente von fast 120 Euro. Für die vor der Änderung geborenen Kinder blieb aber alles beim alten.

Wie die Parteien die Rente sichern wollen

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    Vor gut zehn Jahren wurde daher auch auf Betreiben der CSU die so genannte Mütterrente für Kinder, die vor dem Jahr 1992 geboren wurden, eingeführt. Seither erhalten deren Mütter oder auch Väter für bis zu 30 Monate bis zu 2,5 Entgeltpunkte bei der DRV. Die Änderung war auch das Ergebnis eines großen Geschachers innerhalb der damals regierenden großen Koalition aus Union und SPD. Die SPD setzte im Gegenzug die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren durch. 

    Kostenfrage: Größter Streitpunkt ist die Finanzierung

    Ökonomen kritisierten damals wie heute diese Sozialleistungen. Allein die Mütterrente für rund zehn Millionen Rentnerinnen kostet im Jahr etwa 14 Milliarden Euro. Nun will die CSU die noch verbliebene Ungleichbehandlung bei der Mütterrente beenden. Auch den Eltern der vor 1992 geborenen Kinder würden dann bis zu drei Jahre Beitragszeit angerechnet, ein halbes Jahr mehr als bisher. Nach Berechnungen der DRV kämen damit noch einmal 4,5 Milliarden Euro an Kosten obendrauf.

    Die Kosten sind denn auch der größte Streitpunkt zwischen Befürwortern und Gegnern der Regelung. „Für die Mehrausgaben durch die Mütterrente I und II ist keine gesonderte Erstattung aus Steuermitteln vorgesehen“, kritisierte die Rentenversicherung schon bei der letzten Aufstockung. Anders gesagt: Für diese Ausgaben müssen größtenteils die Beitragszahler, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufkommen. Dabei handelt es sich eigentlich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Erziehungszeiten auch in der Altersvorsorge abzugelten. Doch der Bundeszuschuss wurde dafür nicht ausreichend erhöht. So bleiben die Versicherten auf den Kosten weitgehend alleine sitzen. 

    Studie: Frauen kümmern sich mehr um Haushalt, Kinder und Ältere
    Würde die Mütterrente wieder gestrichen, stiege das Armutsrisiko bei Rentnerinnen deutlich an.  © Harald Oppitz/KNA | Harald Oppitz

    Kritik am Vorstoß der CSU kommt unter anderem von den Wirtschaftsweisen. Deren Chefin Monika Schnitzer hält die Anhebung für aus der Zeit gefallen. Auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) warnt vor einer Ausweitung der Leistungen. Dies würde die Sozialbeiträge noch weiter nach oben treiben. Stattdessen seien tiefgreifende Strukturreformen in allen Zweigen der Sozialversicherung gefragt. 

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    Rentnerinnen: Armutsrisiko würde bei einer Streichung der Mütterrente deutlich ansteigen

    Auch innerhalb der Ampelkoalition war die Mütterrente ebenso wie die Rente mit 63 zuletzt umstritten. Die FDP würde gerne beide Regelungen kippen, um bei den Rentenausgaben zu sparen und dem Trend zum frühen Eintritt in den Ruhestand entgegenzutreten. Mit der SPD und den Grünen ist dies nicht zu machen. Schützenhilfe erhalten die beiden Parteien vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Forscher haben die Wirkungen der Mütterrente untersucht – mit eindeutigem Ergebnis. Würde sie wieder gestrichen, stiege das Armutsrisiko bei Rentnerinnen deutlich an. Im Durchschnitt müssten sie monatlich auf 107 Euro verzichten. 

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    Das träfe vor allem Frauen aus den unteren Einkommensklassen. „Die Mütterrente rückgängig zu machen ist nicht nur rechtlich fragwürdig, es hätte auch finanziell erhebliche negative Folgen“, warnte DIW-Expertin Annica Gehlen. Das DIW plädiert für langfristige Maßnahmen, die das Armutsrisiko vermindern könnten. Dazu gehören eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und der Abbau von Ungleichheiten im Berufsleben. 

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