Essen/Hagen. Die Textilkette P&C hat ein Angebot für den insolventen Hagener Wettbewerber Sinn abgegeben. Was das für Zentrale und Filialen bedeutet.

Das Düsseldorfer Textilunternehmen P&C will die insolvente Hagener Kette Sinn übernehmen. Das bestätigte ein P&C-Sprecher unserer Redaktion. Nun muss das Bundeskartellamt entscheiden. Das Fusionskontrollverfahren läuft bereits seit dem 15. Januar.

Über einen Einstieg von P&C bei Sinn wird schon länger spekuliert. Nun ist bei den Düsseldorfern offenbar eine Entscheidung gefallen. „Wir haben dem Insolvenzverwalter ein entsprechendes Angebot unterbreitet, über das die Gläubiger im Frühjahr 2025 beim zuständigen Amtsgericht abstimmen können“, erklärte P&C. „Vorbehaltlich der Freigabe durch das Bundeskartellamt und der Umsetzung der bereits vom Unternehmen geplanten Restrukturierungsmaßnahmen ist es beabsichtigt, das Unternehmen als Sinn GmbH mit dem Zentralstandort Hagen und allen bestehenden Filialen weiter fortzuführen.“ Das Branchenblatt „Textilwirtschaft“ hatte zuerst über das Angebot berichtet.

Sinn-Zentrale in Hagen und 40 Filialen sollen erhalten bleiben

Demnach soll also die Verwaltung in Hagen ebenso fortbestehen wie 34 verbliebene Filialen. Sinn ist in Nordrhein-Westfalen aktuell an 24 Standorten vertreten. Kürzlich hatte die Kette allerdings mitgeteilt, dass das Outlet in der Essener Innenstadt geschlossen werde. Im Ruhrgebiet gibt es laut Homepage Sinn-Filialen im Bochumer Ruhrpark, in Hagen, Bottrop, Dorsten, Oberhausen, Unna, Duisburg, Kleve, Recklinghausen und Wesel.

Nach Informationen der „Textilwirtschaft“ soll P&C bereit sein, rund zehn Millionen Euro in die Kette Sinn zu investieren. Das Unternehmen hatte im August 2024 Insolvenz angemeldet – wie zuvor schon in den Jahren 2008, 2016 und 2020. Zuletzt hatte der Hagener Textilist rund 1500 Beschäftigte.

Trotz des P&C-Angebots will auch Eigentümerin Isabella Göbel um Sinn kämpfen. Das hat unsere Redaktion erfahren. Sie habe ihr eigenes Unternehmen längst noch nicht abgeschrieben. Durchaus denkbar sei, dass auch Göbel in Kürze noch ein Angebot zur Fortführung abgibt und die Gläubiger sich letztlich für den aus Ihrer Sicht besseren Plan oder eine Abwicklung entscheiden müssen. Dem Vernehmen nach bemüht sich Göbel auch um Unterstützung von Lieferanten und Banken. Das könnte bedeuten, dass die Gläubiger im Frühjahr möglicherweise über zwei Insolvenzpläne abzustimmen hätten.

Isabella Göbel ist Eigentümerin der insolventen Hagener Modekette Sinn.
Isabella Göbel ist Eigentümerin der insolventen Hagener Modekette Sinn. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Das ursprünglich im September 2024 in Eigenverwaltung gestartete Insolvenzverfahren für Sinn wurde am 10. Dezember 2024 vom Hagener Amtsgericht auf Antrag der Eigentümerin Göbel in ein Regelverfahren geändert. Zuvor hatte es offenbar unterschiedliche Auffassungen zwischen Göbel und dem seit 2021 als Geschäftsführer tätigen Thomas Wanke über die Zukunft der Modehauskette gegeben. „Für die Beschäftigten an den Standorten sowie die Kunden habe der Wechsel zur Regelinsolvenz aktuell keine Bedeutung“, teilte ein Sinn-Sprecher auf Anfrage im Dezember mit. Es gebe keinerlei Auswirkungen auf die sehr gut verlaufende Sanierung, heißt es weiter. Es gebe also keine Zahlungsprobleme, die den Wechsel ins Regelverfahren notwendig gemacht hätten.

Dennoch scheint es zu haken. Im Oberhausener Einkaufszentrum Centro hat Sinn die Wiedereröffnung der Filiale nach Umbau mehrfach verschoben. Im Centro will sich Sinn überdies kleiner setzen. Gleich gegenüber befindet sich eine große P&C-Filiale. Sinn hat entschieden, neben dem Outlet in Essen auch die Modehäuser in Rheine und Hildesheim zu schließen.

Flucht von Friedrich Göbel endete in Italien

Mode Sinn ist ein traditionsreiches Unternehmen, dessen Wurzeln bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Nach der Fusion von Sinn und Leffers im Jahr 1990 hatte 2001 der damalige Essener Konzern Karstadt-Quelle die Kette übernommen. 2005 erfolgte der Verkauf an die DIH Deutsche Industrie-Holding des früheren Tengelmann-Geschäftsführers Peter Zühlsdorff. 2013 kaufte die Familie Wöhrl das Unternehmen. Seit 2017 hält Isabella Göbel die Anteile der Sinn-Inhaberin SLE.

Isabella Göbel war mit dem Dortmunder Unternehmer Friedrich Göbel verheiratet, der zunächst Sinn auf Expansionskurs brachte. Nach seinem Rauswurf gründete er die Textilkette Aachener, die sich zum Ziel gesetzt hatte, ehemalige Warenhausstandorte von Galeria Karstadt Kaufhof wiederzubeleben. Aachener musste Insolvenz anmelden und wurde abgewickelt. Göbel wurde über Monate per Haftbefehl wegen privater Delikte gesucht. Seine Flucht endete in Italien, wo er im Mitte Oktober 2024 festgenommen wurde. Seit November befindet sich der 61-Jährige wieder in Deutschland und verbüßt in einer Justizvollzugsanstalt in NRW eine sechsmonatige Haftstrafe. Über seinen Anwalt ließ Göbel mitteilen, er bereue seine Flucht und wolle sich nun seinen juristischen Verfahren stellen.

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