Oberhausen. In ganz Deutschland wird eine katastrophale Apfelernte erwartet. Ein Apfelbauer aus Oberhausen erklärt, was Verbraucher wissen müssen.

Der Duft von frischem Obst liegt in der Luft, Bienen summen über grüne Wiesen, tausende Apfelbäume reihen sich dicht an dicht auf dem Lepkeshof in Oberhausen. Inhaber Johannes Scheidt flitzt mit seinem Golfcart durch die Plantagen und prüft die Äpfel an seinen Bäumen. Vor drei Wochen hat der 38-Jährige mit der Ernte begonnen. Dass diese schlechter als in den letzten Jahren ausfallen wird, das kann er schon jetzt sagen. Und damit ist er nicht allein.

Die nordrhein-westfälischen Obstbaubetriebe erwarten für 2024 eine Apfelernte von etwa 36.500 Tonnen. Laut ersten Schätzungen von IT.NRW, dem Statistischen Landesamt, wird sich die Erntemenge damit im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbieren. Da lag die geerntete Menge noch bei 71.600 Tonnen. Der Grund: Ungünstige Witterungsbedingungen. Hat das auch Auswirkungen auf die Preise?

Schlechte Apfelernte 2024: Bodenfrost zu ungünstigen Zeiten

„Wir hatten im April mehrere Tage Bodenfrost“, sagt Johannes Scheidt. „Das ist fatal, weil sich die Äpfel dann in der Blütezeit befinden.“ Schon ein paar Stunden deutlich unter null Grad würden ausreichen, um Apfelblüten so zu zerstören, dass sie keine Früchte mehr tragen können. Bis Mai sei Frost für die Apfelblüten problematisch. „Das Problem ist: Wenn eine Blüte einmal kaputt ist, kann man nichts mehr machen. Die blüht dann erst im nächsten Jahr wieder“, sagt der Bauer, dessen Hof genau am Dreistädteeck zwischen Oberhausen, Essen und Mülheim an der Ruhr liegt.

„Wir erwarten 20 bis 25 Prozent weniger Ernte in diesem Jahr.“

Johannes Scheidt, Inhaber vom Lepkeshof in Oberhausen

Seit 2008 pflanzt Scheidt Apfelbäume in dem Familienbetrieb an. Macht sich in den letzten Jahren auch der Klimawandel bemerkbar? „Wir merken schon, dass es immer mehr Extreme beim Wetter gibt – und die sind alle nicht gut“, sagt Scheidt. Heftiger Regen mit Hagel habe dieses Jahr den Äpfeln weiter zugesetzt. „Äpfel sind sehr empfindliches Obst. So ein starker Hagel kann sie nachhaltig beschädigen.“ Früchte mit starken Druckstellen seien dann höchstens noch für die Saftproduktion brauchbar. „Zum Glück“ habe er an etwa der Hälfte seiner Bäume einen Hagelschutz. „Starke Hitze ist natürlich auch nicht gut – denn auch Äpfel können einen Sonnenbrand bekommen.“ Langanhaltender Regen begünstige außerdem den Pilzbefall an dem Obst.

Durch Bodenfrost im April wurden viele bodennahe Blüten zerstört. Viele Apfelbäume tragen ihre Früchte an den oberen Ästen.
Durch Bodenfrost im April wurden viele bodennahe Blüten zerstört. Viele Apfelbäume tragen ihre Früchte an den oberen Ästen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Da es sich im April um Bodenfrost gehandelt habe, seien vor allem die unteren Blüten zerstört worden. Vor Ort ist deswegen zu sehen, dass viele Bäume die Äpfel weiter oben am Stamm tragen. „Wir erwarten 20 bis 25 Prozent weniger Ertrag in diesem Jahr“, sagt der Landwirt. „Trotzdem haben wir wahrscheinlich noch Glück gehabt.“ In Teilen Ostdeutschlands sei die Lage so schlimm, dass viele Bauern gar keine Äpfel ernten konnten.

Kann man Äpfel vor Extremwetter schützen?

Je nach Sorte ernte der Landwirt 15 bis 30 Kilo Äpfel pro Hektar. Insgesamt hat er um die 12.000 Bäume auf vier Hektar stehen. Und zwar werden alle von ihm und seinen Mitarbeitern per Hand gepflückt. Die Ernte habe vor etwa drei Wochen begonnen, das sei etwas früher als sonst. „Die Äpfel, die es geschafft haben, die waren schon früh gut entwickelt.“ Das liege wiederum daran, dass der Frühling sehr mild gewesen ist. Das Obst habe sich also schneller entwickelt als üblich. Deswegen sei der Bodenfrost besonders ärgerlich gewesen.

Eine Möglichkeit, Äpfel vor Frost zu schützen, sei die Aufstellung von Kreisregnern. Dabei werden die Blüten mit Wasser besprüht, das bei niedrigen Temperaturen gefriert und einen schützenden Eispanzer bildet. Dabei wird tatsächlich Wärme freigesetzt, die die Temperatur an der Oberfläche der Blüten auf etwa null Grad hält und somit verhindert, dass die Blüten erfrieren. „Das kann ich bei mir aber nicht einführen, da ich nicht mit Brunnenwasser, sondern mit Stadtwasser bewässere“, erklärt der Landwirt. Und das sei dann zu teuer, denn man brauche sehr, sehr viel.

Äpfel sind das beliebteste Obst der Deutschen: Werden die Preise jetzt steigen?

Was heißt die schlechte Ernte jetzt für den Apfelbauern? „Es ist natürlich ärgerlich, dass wir in diesem Jahr weniger ernten können“, sagt Scheidt. Die Preise habe er aber bis jetzt noch nicht erhöht. Konkret heißt das: Den Apfel der Woche bekommen Kundinnen und Kunden derzeit für zwei Euro das Kilo, die teuerste Sorte für 3,40 Euro. „Wenn überhaupt, dann werde ich den Kilopreis für Äpfel um zehn oder 20 Cent erhöhen“, sagt der 38-Jährige. Verkauft wird im anliegenden Hofladen und an Bauern in der Umgebung. Bis zu 14 Sorten gibt es auf dem Lepkeshof, die nun alle nach und nach geerntet werden. Darunter sei auch eine Apfelsorte für Allergiker. „Bis Mitte Oktober dauert die Ernte“, sagt Scheidt.

Aus den eigenen Äpfeln stellt der Betrieb auch Apfelsaft und Apfelchips her. Auch hier halte der Obstbauer die Preise zunächst so wie im letzten Jahr. Der Lepkeshof ist nämlich nicht nur auf den Verkauf von Äpfeln angewiesen, sondern baut auch unter anderem Erdbeeren, Süßkirschen und Birnen an. Und im eigenen Hofladen werden Produkte wie Käse, Milch, Fleisch, Eier und vieles mehr angeboten. Auch die Erdbeerernte sei in diesem Jahr mit etwa 25 Prozent weniger Ertrag nicht gut ausgefallen.

„Durchwachsen“ nennt auch Obstbauer Eberhard Schmücker aus Bottrop die aktuelle Saison. Der Kirchhellener Landwirt, der mit seinen Äpfeln im ganzen Ruhrgebiet vertreten ist, erwarte eine leicht unterdurchschnittliche Ernte. „Wir sind wahrscheinlich nochmal mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Schmücker. Ein Teil seiner Äpfel habe einen Frostschutz und sei deswegen bis zu Minus sieben Grad geschützt. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir viele gute Äpfel pflücken können.“ Da die Erntezeit aber gerade erst begonnen hat, müsse man auch immer noch extreme Wetterereignisse mit einkalkulieren. Er hofft, dass weiterer Starkregen die Ernte nicht noch weiter erschwert. Den Preis will er zunächst auf dem Vorjahresniveau halten.

Apfelernte in ganz Deutschland schlecht

Die Apfelernte in Deutschland wird in diesem Jahr so gering ausfallen wie seit sieben Jahren nicht mehr, berichtet aktuell das Statistische Bundesamt. Voraussichtlich soll sie sogar 26,3 Prozent unter dem Zehnjahresdurchschnitt liegen. In den südöstlichen Bundesländern werden sogar Ernteausfälle von bis zu 90 Prozent gegenüber dem zehnjährigen Durchschnitt erwartet. 2024 kommen daher voraussichtlich drei Viertel der deutschen Apfelernte aus den großen Anbaugebieten in Baden-Württemberg (Bodensee) und Niedersachsen (Altes Land). Die beiden Länder vereinen gut 60 Prozent der gesamtdeutschen Anbaufläche für Äpfel auf sich.

„Die europäische Ernte ist ebenfalls niedriger“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie, Klaus Heitlinger, der Nachrichtenagentur AFP. Das Minus liege bei 15 Prozent. Die Folge der schlechten Ernten: „Die Preise für Äpfel werden steigen und auch Apfelsaft wird teurer“, sagte Heitlinger. Auch der Geschäftsführer des Bundesverbands der obst-, gemüse-, und kartoffelverarbeitenden Industrie, Christoph Freitag, erwartet Preissteigerungen bei Apfelmus und Apfelkompott wegen der schlechten Ernte - die Entscheidung liege aber bei den einzelnen Unternehmen, betonte er.

Äpfel selber ernten – Hier geht das

Auf dem Lepkeshof in Oberhausen kann man Äpfel selber pflücken. An drei Terminen lädt Obstbauer Johannes Scheidt Interessierte dazu ein: Vom 29. bis zum 31. August und 05. bis zum 07. September können die Sorten Elstar und Gala gepflückt werden. Vom 12. bis zum 14. September stehen die Sorten Red Prince, Mutsu und Boskop zur Selbsternte bereit. Die Termine sind immer Donnerstag bis Samstag, jeweils von 9 bis 18 Uhr. Adresse: Mühlenstraße 128, 46047 Oberhausen. Um die zwei Euro wird das Kilo kosten. Erwachsene haben eine Mindestabnahme von zwei Kilo, Kinder müssen ein Kilo selbst ernten.

Auch auf dem Schmücker Hof in Bottrop gehört das Selbstpflücken von Äpfeln zum Konzept dazu. Das ist immer von Mittwoch bis Sonntag möglich. Pro Kilo nimmt Inhaber Eberhard Schmücker 1,90 Euro. Adresse: Auf der Höhe 9, 46244 Kirchhellen. Von Juni bis Oktober können auch andere Obstsorten zu verschiedenen Reifezeiten geerntet werden.

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