Essen. Heizung und Dämmung eines Hauses werden beim Kauf immer wichiger. Studie zeigt Aufpreise für die Klassen A bis D. Die Daten für die Revierstädte.

Immobilienmakler müssen ihren Kriterienkatalog für einen guten Preis erweitern: Neben „Lage, Lage, Lage“ spielt inzwischen auch die Energieeffizienzklasse eines Hauses eine große, geldwerte Rolle. Ein nicht oder schlecht gedämmtes Haus mit Ölheizung verkauft sich deutlich schwerer als ein sparsames Haus mit Wärmepumpe oder moderner Gasheizung. Eine neue Studie zeigt nun für jede Stadt und jeden Kreis Deutschlands, wie hoch die Aufschläge für Eigentumswohnungen in energetisch guten Häusern sind. Sie sind teils größer als es der Aufwand wäre, das Haus zu sanieren. Auch in den Ruhrgebietsstädten.

Wer eine Eigentumswohnung oder ein Haus kaufen will, achtet spätestens seit dem so medienwirksam ausgefochtenen Streit um das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung darauf, wie die Immobilie beheizt wird und wie sie gedämmt ist. Die EU fordert von allen Mitgliedsstaaten deutliche Einsparungen an Wärmeenergie, Deutschland will das damit erreichen, dass künftig beim Einbau oder Austausch von Heizungen nur noch sparsame Anlagen installiert werden.

Viele Kaufinteressenten meiden schlechte Energieeffizienklassen

Der hochumstrittene Vorstoß der EU, ab 2030 müssten alle Häuser mindestens die Energieklasse E und bis 2033 Klasse D haben, wurde inzwischen zwar verworfen. Doch mindestens die Ahnung, in ein Haus mit Effizienklasse E, F, G oder H recht bald viel Geld investieren zu müssen, dämpft bereits die Preise. Wie sehr, hat nun das Hamburgische Weltwirtschafts-Institut (HWWI) für den Wohnatlas der Postbank untersucht. Und zwar für alle 2023 zum Kauf angebotenen Eigentumswohnungen in Deutschland.

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Nur etwa jede dritte angebotene Wohnung (35,5 Prozent) hatte ein gute bis sehr gute Energieffizienz der Klassen A+, A, B, C oder D. Diese waren im Durchschnitt gut ein Viertel (26,5 Prozent) teurer als Wohnungen mit den Energieklassen E bis H. NRW liegt beim Angebot energetisch guter Wohnungen etwas unter Bundesschnitt, bei den Aufschlägen darüber. In den Ruhrgebietsstädten geht es weit auseinander: Von sehr milden Aufschlägen ab zehn Prozent in Oberhausen bis fast 50 Prozent in Mülheim.

Der Überblick für die Ruhrgebietsstädte: Durchschnittlicher Kaufpreis in Euro je Quadratmeter für Eigentumswohnungen der Energieeffizienklassen A bis D, Aufpreis gegenüber den Klassen E-H je Quadratmeter in Euro und Prozent.

  • Düsseldorf: 5332 Euro, Aufpreis 771 Euro (16,9 Prozent)
  • Duisburg: 2291 Euro, Aufschlag 547 Euro (31,4 Prozent)
  • Essen: 2837 Euro, Aufpreis 487 Euro (20,8 Prozent)
  • Mülheim: 3179 Euro, Aufpreis 1058 Euro (49,9 Prozent)
  • Oberhausen: 2085 Euro, Aufpreis 332 (10 Prozent)
  • Kreis Mettmann: 2752 Euro Aufpreis 314 Euro (11,4 Prozent)
  • Bottrop: 2380 Euro, Aufpreis 443 Euro, 22,9 Prozent
  • Gelsenkirchen: 1771 Euro, Aufpreis 340 Euro (22,8 Prozent)
  • Kreis Recklinghausen: 2162 Euro, Aufpreis 351 Euro (19,4 Prozent)
  • Bochum: 2472 Euro, Aufpreis 432 Euro (21,1 Prozent)
  • Dortmund: 2889 Euro, Aufpreis 586 Euro (25,5 Prozent)
  • Hagen: 2135 Euro, Aufpreis 460 Euro (27,5 Prozent)
  • Herne: 1970 Euro, Aufpreis 254 Euro (14,8 Prozent)
  • Kreis Wesel: 2442 Euro, Aufpreis 515 Euro (26,8 Prozent)
  • Ennepe-Ruhr-Kreis: 2364 Euro, Aufpreis: 305 Euro (14,9 Prozent)
  • Unna: 2415 Euro, Aufpreis: 589 Euro (32,3 Prozent)

Die Aufschläge machen in Euro gerechnet beim Gesamtpreis schnell eine fünfstellige Summe aus. Wer etwa in Duisburg eine 100-Quadratmeter-Wohnung kauft, zahlt im Schnitt rund 54.000 Euro mehr für eine Energie sparende Wohnung. Mit dem Geld ließe sich in einem Haus mit hohem Energieverbrauch viel erreichen, eine neue Heizung und noch einiges mehr. Dabei kommt es laut Postbank sehr darauf an, aus wie vielen Parteien die Eigentümergemeinschaft besteht, wie hoch ihre Rücklagen sind und was alles getan werden müsste. Reicht die Dämmung des Daches, oder muss die gesamte Fassade saniert werden?

Heizkosten in der Energieklasse F sind dreimal so hoch wie in Klasse B

Die niedrigeren Heizkosten sollten auch mit einberechnet werden. Immerhin verbraucht ein Haus der Energieeffizienzklasse B (A ist noch sehr selten) nur 50 bis 75 Kilowattstunden je Quadratmeter, eines der Klasse F bereits 160 bis 200 kWh, also rund dreimal so viel. Viele Kaufinteressenten scheuen ohnehin den Aufwand und die Belastungen durch eine Sanierung und lassen sich eine gute Energieklasse auch bewusst einiges kosten.

„Die Vorteile energieeffizienter Gebäude liegen auf der Hand – Eigentümerinnen und Eigentümer sparen Heizkosten, müssen in naher Zukunft nicht mehr zwingend sanieren und können mit einem anhaltend hohen Wert ihrer Immobilie rechnen“, sagt Manuel Beermann, Chef des Immobiliengeschäfts der Postbank. Auch er betont allerdings, dass nicht jeder Aufpreis angemessen sei. „In Regionen mit überdurchschnittlich teuren energieeffizienten Wohnungen lohnt sich womöglich die Sanierung einer älteren Immobilie“, so Beermann.

Sanierter Altbau lässt sich besser verkaufen als neueres Haus mit viel Verbrauch

Die vom HWWI errechneten Aufpreise erklären sich freilich nicht nur aus der Güte der Heizung und dem energetischen Zustand der Immobilien. Beim Vergleich der Energieklassen befinden sich bei den guten und sehr guten Klassen neben den Bestandsimmobilien auch die meisten Neubauten, deren Eigentumswohnungen schon wegen des Baujahrs teurer sind. Andererseits lassen sich auch bereits sanierte Altbauten meist besser verkaufen als neuere Immobilien mit mittelmäßigem bis hohem Energieverbrauch.

Nach Beobachtung nicht nur der Postbank, sondern vieler Immobilienmakler wird der Energieverbrauch für Kaufinteressenten einer Immobilie immer wichtiger. Das merken sie spätestens, wenn sie mit ihrer Bank über die Finanzierung reden, denn auch die Kreditgeber achten längst penibel darauf, ob und welchen Sanierungsbedarf eine Immobilie hat, für die sie den Leuten Geld leihen. In einem Markt sinkender Preise haben es Verkäufer energetisch schlechter Immobilien deshalb besonders schwer, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen.

In Ostdeutschland stehen die meisten energetisch guten und sehr guten Häuser

Die Zahlen des HWWI geben auch Aufschluss darüber, wie weit die Städte und Kreise noch davon entfernt sind, den Bestand ihrer Wohnhäuser energiesparender aufzustellen. In den ostdeutschen Bundesländern ist der Anteil angebotener Immobilien der Effizienzklassen A bis D besonders hoch, auch Bayern und Baden-Württemberg sind weiter als die meisten anderen Bundesländer, NRW liegt leicht unter Durchschnitt.

Das gilt auch für die meisten Kommunen im Ruhrgebiet, in denen rund 70 Prozent der angebotenen Eigentumswohnungen eine schlechte bis sehr schlechte Energieklasse haben. Bottrop ist die rühmliche Ausnahme: Das Projekt „Innovation City“ zeitigt Wirkung, mit 45,8 Prozent Eigentumswohnungen in guten bis sehr guten Energieklassen zählt Bottrop bundesweit zu den Top-Städten im Postbank-Wohnatlas. Revierweite Schlusslichter sind Gelsenkirchen (24,4 Prozent) und Herne (24,5 Prozent).

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