Bochum. Bochumer Konzern Vonovia erklärt Immobilien-Krise für beendet. Gewinneinbruch dank steigender Mieten und Verkaufserlösen eingedämmt.
Vonovia-Chef Rolf Buch erklärt die Immobilien-Krise für sein Unternehmen für beendet. Im vergangenen Jahr musste der Bochumer Dax-Konzern aber kräftig Federn lassen. Vonovia wertete seinen Immobilienbestand mit rund 565.000 Wohnungen um 6,7 Milliarden Euro ab. Auch der operative Gewinn ging zurück. Die Aktionäre sollen dennoch eine leicht gestiegene Dividende erhalten.
Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 war auch für Vonovia die Zeit der Rekorde vorbei. Auf gestiegene Zinsen und den Wertverfall der Immobilien reagierte der größte europäische Wohnungskonzern mit einem Neubaustopp und dem Verkauf von Immobilien. Im vergangenen Jahr konnte der Konzern einen Gewinneinbruch durch Veräußerungserlöse im Wert von vier Milliarden Euro verhindern. Vonovia hatte doppelt so viele Wohnungen verkauft wie geplant. Im laufenden Jahr sollen noch einmal Immobilien im Wert von drei Milliarden Euro verkauft werden.
Vonovia wertet Immobilien um 6,7 Milliarden Euro ab
„In einem von weltweiten Krisen gekennzeichneten Jahr ist es uns gelungen, den Hebel umzulegen und von Wachstum auf Kapitaldisziplin umzustellen“, erklärte Vonovia-Chef Rolf Buch. „Wir haben als einer der Ersten auf den dramatischen Zinsanstieg reagiert – und wir werden einer der Ersten sein, die zum gewohnten Kurs zurückkehren.“ Um 6,7 Milliarden Euro musste das Bochumer Unternehmen seine Immobilien in den Büchern auf knapp 84 Milliarden Euro abwerten. Das führte dazu, dass Vonovia ein tiefrotes Periodenergnis mit minus elf Milliarden Euro ausweisen muss. Die LEG, der größte Vermieter in NRW, hatte am Montag Abschreibungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro bekannt gegeben.
„Das Bewertungsergebnis sagt nichts über die Ertragslage“, betonte Buch am Freitagmorgen. Dank eines historisch niedrigen Leerstands von 2,0 Prozent und gestiegener Mieten konnte Vonovia einen noch größeren Einbruch des operativen Gewinns verhindern. Der Group-FFO, so heißt die Bezeichnung der Kennzahl in der Immobilien-Branche, schrumpfte um 9,3 Prozent auf 1,846 Milliarden Euro. Dass Vonovia so viel Geld verdiente, ist auch den um 3,8 Prozent gestiegenen Mieten geschuldet. Für den Quadratmeter Kaltmiete zahlen Kundinnen und Kunden inzwischen im Schnitt 6,58 Euro. Die LEG hatte die Mieten 2023 um vier Prozent erhöht.
Vonovia erhöht Mieten um 3,8 Prozent
„Die Mieten fangen an, die Inflationsentwicklung zu berücksichtigen“, meint Buch. Sein Finanzchef Philip Grosse unterstreicht, dass Vonovia die Mieten „nur moderat“ anhebe. „Sie liegen deutlich unter der allgemeinen Preissteigerung“, so Grosse. Und das trotz der ungebrochen hohen Nachfrage. „Wir erleben lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen“, sagt der Finanzvorstand. „In Berlin bewerben sich 300 Leute auf eine Wohnung. 299 müssen wir absagen.“ Vorstandschef Buch treibt das Thema Wohnungsnot in den Metropolen seit längerem um. „Die Nachfrage übersteigt massiv das Angebot“, wiederholt er am Freitag. „Uns erreichen täglich verzweifelte Anfragen.“
Wegen der gestiegenen Baukosten und Zinsen hat auch Vonovia die eigenen Neubauaktivitäten weitgehend eingestellt. Um Anreize zur Schaffung neuer Gebäude zu schaffen, fordert Buch auch das Engagement der Kapitalmärkte. „In Deutschland müssen wir unsere Skepsis dagegen überdenken“, ermuntert der Vonovia-Chef. Um die Lücke von 700.000 Wohnungen zu schließen, seien jährlich 100 Milliarden Euro aufzubringen. Noch einmal 120 Milliarden kämen hinzu, um Bestandsgebäude energetisch zu sanieren. „Das können Staat und Unternehmen nicht allein bewältigen“, meint Buch. Neben der Bereitstellung von Milliarden müssten Baustandards gesenkt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Aktionäre müssen sich auf „moderatere Dividendenpolitik“ einstellen
Trotz der vergleichsweise schlechten Zahlen für das vergangene Jahr zeigte sich Vonovia-Chef Rolf Buch im Gespräch mit unserer Redaktion zuversichtlich. „Wir konnten unsere Verschuldung deutlich senken und wir wollen wieder mehr investieren“, sagte er. Im laufenden Jahr will der Konzern nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Euro investieren. Das Geld soll vor allem in den Ausbau der Photovoltaik gesteckt werden. 2023 hatte Vonovia die Investitionen auf 762 Millionen Euro eingedampft. Im Jahr zuvor hatte die Summe noch bei über 1,4 Milliarden Euro gelegen.
Aufwärts geht es auch für die Aktionäre. Der Vonovia-Vorstand schlägt vor, die Dividende für 2023 um sechs Prozent auf 90 Cent je Aktie zu erhöhen. Finanzchef Grosse stimmt die Anteilseigner aber für die nahe Zukunft auf eine „moderatere Dividendenpolitik“ ein und lässt durchblicken, dass in der Vergangenheit durch hohe Ausschüttungen nicht genug Liquidität im Unternehmen verblieben sei. „Wir wollen investieren“, sagt der Manager, „deshalb legen wir einen deutlichen Schnaps zu“.
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