Leverkusen. Bayer-Chef muss Aktionären Rekordverlust und Glyphosat-Risiken erklären. Hoffnung auf rasche Zulassung des Curevac-Impfstoffs gegen Covid-19.
Als erster Dax-Konzern hielt Bayer seine Hauptversammlung im vergangenen Jahr rein virtuell ab, seinerzeit im festen Glauben, dass dies eine einmalige Ausnahme bleiben würde. Ein Jahr später haben sich der Vorstand sowie der neue Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann und sein Stellvertreter Oliver Zühlke erneut vor Kameras postiert, hinter denen keine Aktionäre sitzen. Diesmal allerdings gedenken sie der inzwischen 24 Bayer-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben sind. Weltweit beschäftigt der Pharma- und Agrarchemiekonzern knapp 100.000 Menschen.
Der Schweigeminute folgt die routinierte Verlesung der Reden, zu denen die Aktionärsschützer vorab ihre Fragen geschickt haben. Bayer-Chef Werner Baumann bedauert die anhaltende Schwäche der Bayer-Aktie, die nach dem Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto 2018 abgestürzt war und sich davon bis heute nicht annähernd erholt hat. Der Leverkusener Konzern musste stattdessen Milliarden für Klagen in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken durch das Glyphosat-basierte Monsanto-Mittel Roundup aufbringen. Bisher zahlte Bayer dort knapp zehn Milliarden Euro für Vergleiche bisheriger Glyphosat-Klagen.
Kritik: Vorstand mitten in einer Vertrauenskrise
Doch das war es noch nicht: Anders als von Vorstand wie Aktionären erhofft, habe man „noch keine finale Regelung“ finden können, insbesondere für zukünftige Fälle, musste Baumann einräumen. „Das Jahr 2020 hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Kauf von Monsanto eine Fehlentscheidung war“, kritisierte Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka. Die Agrarsparte habe zu Belastungen von mehr als 20 Milliarden Euro geführt. „Monsanto hat Bayer nicht krisenfester gemacht, sondern tiefer in die Krise gestürzt“, so Speich. Der Vorstand befinde sich in einer Vertrauenskrise.
„Wir haben Ihre und wir haben unsere Erwartungen im vergangenen Jahr nicht erfüllt“, räumte Baumann ein und betonte: „Wir tragen die Verantwortung – und zwar ohne Wenn und Aber.“ Sein Vertrag wurde freilich bis 2024 verlängert, was Aufsichtsratschef Winkeljohann auf Nachfragen mehrfach verteidigte. Operativ erfülle Monsanto die in den Zukauf gesteckten Erwartungen, betonte Baumann. Die ab 2022 erwarteten Kosteneinsparungen von 870 Millionen Euro erreiche man bereits in diesem Jahr. Und die Umsatzsynergien werde Bayer mit 200 Millionen Euro bereits übererfüllen, so der Bayer-Chef.
Baumann und Winkeljohnn betonten trotz des Rekordverlusts von 10,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, Bayer sei bestens aufgestellt für die Zukunft, insbesondere für die „Bio-Revolution“. Damit meinen sie das Potenzial der Biotechnologie, das sich gerade in Form der neuen Impfstoffe im Kampf gegen das Coronavirus zeigt.
Hoffnung auf Curevac-Impfstoff
Bayer will ab Jahresende selbst mit der Produktion des Curevac-Impfstoffs in Wuppertal beginnen, der Aufbau der Anlage werde „mit Hochdruck“ vorangetrieben, erklärte Baumann. Ab 2022 wolle Bayer 160 Millionen Dosen pro Jahr herstellen. Die Leverkusener helfen dem Tübinger Biotechunternehmen derzeit vor allem bei der Zulassung seines Impfstoffs, der wie die von Biontech und Moderna auf der neuen mRNA-Technik basiert. Er rechne mit einer Zulassung des Curevac-Impfstoffs in der Europäischen Union „in wenigen Wochen“, sagte Baumann. Er selbst werde sich „sofort impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin“, erklärte der Bayer-Chef.