Berlin. Stress ohne Abschalten, anhaltender Druck, Jobängste - die anstrengende Arbeitswelt kann den Griff zur Flasche oder zu anderen Suchtstoffen befördern. Die AOK legt neue Zahlen vor. Alkoholabhängige Menschen fehlen bei Ausfällen offenbar länger am Arbeitsplatz als die Kollegen.
Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland haben laut Krankenkassen Probleme mit Alkohol. Auch aufputschende Mittel spielen demnach wohl eine wachsende Rolle. Der AOK-Bundesverband wies in Berlin darauf hin, dass leistungssteigernde Substanzen wie Amphetamine am Arbeitsplatz stark zunehmen. Genaue Daten zu Sucht am Arbeitsplatz veröffentlicht das Wissenschaftliche Institut der AOK am Donnerstag in einem "Fehlzeiten-Report 2013".
Oft würden Arbeitnehmer wegen ihrer Abhängigkeit von Nikotin und Alkohol krank, so die AOK weiter im Vorfeld. Ein großer volkswirtschaftlicher Schaden sei die Folge.
Auch interessant
Am Vortag hatte bereits die Techniker Krankenkasse (TK) mitgeteilt, dass alkoholbedingte Ausfälle in den letzten Jahren enorm zugenommen hätten. Laut den jüngsten TK-Daten gab es bundesweit im vergangenen Jahr 1,8 Millionen alkoholbedingte Fehltage. Diese Zahl ergebe sich, wenn man die rund 236.000 Krankheitstage durch Alkohol bei der TK bundesweit hochrechne.
Arbeitnehmer mit Alkoholproblem fehlen länger im Job
Die TK machte auf den Diagnoseschlüssel "F10 - psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol" aufmerksam. Die Ärzte hätten zuletzt für fast 5000 TK-Versicherte diesen Befund erstellt. Sie litten unter Alkoholabhängigkeit, Entzugssyndrom und psychotischen Störungen. Im Schnitt seien die Betroffenen über sieben Wochen krankgeschrieben.
Auch die Krankenkasse Barmer GEK hatte sich mit dem Thema befasst. Ein Gesundheitsreport der Kasse vom vergangenen Jahr zeigt, dass Arbeitnehmer mit Alkoholproblemen im Schnitt viermal so lange im Job fehlten wie jene ohne. Hier häuften sich psychische Erkrankungen, Verletzungen und Magen-Darm-Probleme.
Doping am Arbeitsplatz - zwei Prozent nehmen Mittel zur Leistungssteigerung
Umfangreiche Studien über den Gebrauch von aufputschenden Mitteln im Job sind in Deutschland bisher Mangelware. Allerdings stand der DAK-Gesundheitsreport 2009 unter dem Motto "Doping am Arbeitsplatz": In einer Umfrage unter 3000 Arbeitnehmern gaben fünf Prozent an, Substanzen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit oder des Wohlbefindens zu konsumieren, zwei Prozent seien regelmäßige "Doper" am Arbeitsplatz.
Bei Vorbeugung und Prävention gibt es zahlreiche Ansätze, Projekte und Programme in vielen Unternehmen. Dies ist unter anderem Thema einer Fachkonferenz "Sucht und Arbeit" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen Anfang November in Essen.
Insgesamt betrinken sich mehr als einer von fünf Männern und jede zehnte Frau in Deutschland - nach eigenen Aussagen - mindestens jeden Monat einmal. Bei den jungen Männern trinkt sogar fast jeder zweite riskant viel, bei den jungen Frauen jede dritte. Das zeigte eine große Studie des Robert Koch-Instituts, für die zwischen 2009 und 2010 rund 22.000 Erwachsene zu Aspekten der Gesundheit befragt wurden. (dpa)